Tarifexperten: Arbeitnehmer haben 2013 mehr im Portemonnaie

Düsseldorf/Wiesbaden (dpa) - Deutschlands Arbeitnehmer haben 2013 nach Abschluss der Tarifrunden in vielen Branchen real mehr im Portemonnaie.

Die Abschlussraten lägen nach Tarifeinigungen in rund 20 größeren Branchen zwischen zwei und vier Prozent mit einem Schwerpunkt bei drei Prozent, teilte das Tarifarchiv der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf mit.

Genauso sah es das Statistische Bundesamt: Die tariflichen Monatsverdienste seien im ersten Quartal 2013 im Schnitt um 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen, teilte die Behörde am Freitag in Wiesbaden mit.

Die Inflationsrate betrug 2012 zwei und 2013 im Mittel der ersten fünf Monate rund 1,5 Prozent. „Diese vorläufige Tarifbilanz zeigt, dass die Tariflöhne in diesem Jahr in vielen Bereichen im Durchschnitt real spürbar steigen werden“, sagte Tarifarchivchef Reinhard Bispinck. Offen sind die Runden unter anderem noch im Einzelhandel, Groß- und Außenhandel, im Versicherungsgewerbe sowie in der Gebäudereinigung.

Die Abschlussraten für 2013 liegen zwischen 2,1 Prozent (Kautschukindustrie) und 4 Prozent (Bauhauptgewerbe Ost). Der Öffentliche Dienst der Länder hatte 2,65 Prozent vereinbart, die Metallindustrie 3,4 Prozent. Im Verhältnis zum Vorjahr sei eher eine Abschwächung der Abschlüsse zu beobachten.

So gab es 2012 in der Metallindustrie 4,3 Prozent mehr Geld. Die krisenhafte Entwicklung in der EU habe sich seit dem letzten Quartal 2012 dämpfend ausgewirkt, sagte Bispinck. Es gebe auch wieder mehr lang laufende Abschlüsse bis in das Folgejahr oder sogar den Anfang 2015 hinein.

Nach der Bilanz des Statistischen Bundesamtes fiel der Anstieg in der Privatwirtschaft im ersten Quartal mit durchschnittlich 3,2 Prozent stärker aus als im Öffentlichen Dienst sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 2,7 Prozent).

Am deutlichsten erhöhten sich die Entgelte im Verarbeitenden Gewerbe mit durchschnittlich 3,9 Prozent. Das kräftigste Plus gab es dabei in der Chemieindustrie (4,5 Prozent). Die Beschäftigten im Fahrzeug- und Maschinenbau sowie in der Elektroindustrie kamen auf jeweils 4,3 Prozent mehr Geld. Mitarbeiter in der Textilbranche mussten sich dagegen mit einem Anstieg von lediglich 0,9 Prozent zufriedengeben.

Insgesamt lägen die Abschlüsse aus Sicht der gewerkschaftsnahen Stiftung vielfach zu niedrig, sagte Bispinck. Deutschland habe eine zu geringe Binnennachfrage und stütze sich zu einseitig auf den Export.

Zur Ankurbelung der Binnennachfrage müsse nicht nur die Preissteigerungsrate von im Schnitt 2 Prozent ausgeglichen werden, sondern auch der jährliche Produktivitätsanstieg in der Produktion von weiteren 1,5 Prozent. „Volkswirtschaftlich brauchen wir mindestens 3,5 Prozent Tarifsteigerungen - und das ist eher eine Untergrenze“, sagte Bispinck.