Versicherer fordern Ende der Niedrigzinsen
Berlin (dpa) - Die deutschen Versicherer haben ein Ende der Niedrigzins-Politik in Europa gefordert.
„Ein anhaltend niedriges Zinsniveau wird zwingend auf die Gesamtverzinsung drücken“, warnte der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Rolf-Peter Hoenen, am Mittwoch in Berlin.
Vor allem für die private Altersvorsorge und Lebensversicherungen sei dies eine Belastungsprobe.
„Die Risiken und Nebenwirkungen der Medizin, die zur Stützung von Banken und Staaten seit Anbruch der Bankenkrise eingesetzt wird, belasten inzwischen auch die Lebensversicherungskunden deutlich“, sagte Hoenen. Ein kurzfristiges Ende der politisch gewollten niedrigen Zinsen sei aber nicht in Sicht.
Die Versicherer versuchten daher, ihre Neuanlage-Konditionen durch Anlageformen zu verbessern, die von der Entwicklung der Finanzmärkte weitgehend entkoppelt seien. Dazu gehörten Hypothekendarlehen und das Engagement in Immobilien. Die Deutsche Bundesbank warnte die Versicherer vor einer zu riskanten Jagd nach Rendite. Ein verstärktes Engagement in Immobilienprojekten und im Kreditgeschäft erhöhe die Risiken für die Versicherer, hieß es im am Mittwoch veröffentlichten Finanzstabilitätsbericht. Die Bundesbank erwarte von den Lebensversicherern, dass sie ihre Zinsreserven weiter aufstocken.
Insgesamt sei die Lebensversicherung weiter eine sichere Anlage, betonte Norbert Heinen vom GDV-Hauptausschuss Lebensversicherung. Blieben die Zinsverhältnisse unverändert, könnten die Versicherer ihre Verpflichtungen dank langfristiger Kapitalanlagen erfüllen. Derzeit erwirtschafteten sie weiter eine Nettoverzinsung, die über dem Garantiezins liege. Verglichen mit anderen sicheren Anlagen wie Festgeldkonten böten die Lebensversicherungen immer noch eine attraktive Verzinsung, betonte Hoenen.
Trotz der Finanzmarktkrise würden die Beitragseinnahmen der Versicherer im laufenden Jahr um 1,5 Prozent auf 180,7 Milliarden Euro zulegen. Bei der privaten Krankenversicherung werde mit einem Anstieg um 3,4 Prozent gerechnet. Die Schadens- und Unfallversicherungen machten mit 3,7 Prozent das kräftigste Plus seit 1994. Zugleich seien aber auch die Leistungen auf ein Rekordniveau gestiegen: Noch nie zuvor - nicht einmal beim Elbe-Hochwasser vor zehn Jahren oder im Jahr des Sturms „Kyrill“ 2007 - hätten die Versicherer so viel gezahlt.
Der größte Zweig, die Lebensversicherung, musste erneut Einbußen hinnehmen: Die Beitragseinnahmen reduzieren sich der Schätzung zufolge um 0,7 Prozent auf 86,2 Milliarden Euro. Hauptgrund dafür sei der weitere Rückgang bei den Einmalbeiträgen, die sich nach außerordentlich guten Jahren wieder normalisierten. Insgesamt gebe es 2012 knapp 93 Millionen Verträge und damit geringfügig weniger als im Vorjahr.