VW-Konzern mahnt zur Kostendisziplin - noch reißt es Porsche raus
Wolfsburg (dpa) - Der Porsche-Schub reicht nicht aus. Europas größter Autobauer Volkswagen schaltet auf Sparmodus und will stärker denn je alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen.
„Unser Fokus liegt auf einer konsequenten Kosten- und Investitionsdisziplin“, sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch am Mittwoch zur Vorlage der Quartalszahlen. Dabei hat Porsche dem Konzern 2013 schon 7,5 Milliarden Euro Umsatz und 1,5 Milliarden operativen Gewinn zusätzlich verschafft. Aber der VW-Vorstand betont in seinem jüngsten Quartalsbericht, dass für den bis 2018 angepeilten Weg zur Weltspitze strikte Ausgabenkontrollen notwendig sein.
Wie sehr, das zeigt eine Überschlagsrechnung für Volkswagen ohne die schwäbische Sportwagenschmiede: Danach würden die Wolfsburger nach drei Quartalen nicht mit 145,7 Milliarden Euro Umsatz knapp über dem Vorjahreswert liegen. Sondern weit darunter. Denn die drei absatzstärksten Marken Volkswagen-Pkw, Audi und Skoda verloren bis Ende September zusammen 5,8 Milliarden Euro Umsatz. Auch beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) hält Porsche VW auf Kurs.
Der Dax-Riese verbuchte zwischen Juli und Ende September 2,78 Milliarden Euro Ebit, ein Plus von 20 Prozent. 600 Millionen steuerte die jüngste Tochter bei. Unterm Strich brach der Gewinn zwar um mehr als 80 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro ein. Allerdings hatten Bewertungseffekte aus der Porsche-Übernahme August 2012 rund 12 Milliarden Euro zusätzlichen Vorsteuergewinn gebracht.
Weil der Sportwagenbauer erst damals komplett unter das Konzerndach schlüpfte, brachte die Tochter von Januar bis Juli 2013 zusätzlichen Konzernumsatz und -gewinn. Erst seit diesem August liegen VWs aktuelle und die Vorjahreszahlen wieder auf gleicher Basis. Entsprechend groß ist der Beitrag der Tochter auf dem Weg zu den Jahreszielen. Der Konzern mit seinen zwölf Marken will dieses Jahr den Rekordumsatz von 192,7 Milliarden Euro von 2012 knacken und erneut beim operativen Ergebnis von 11,5 Milliarden Euro landen.
Dass VW-Chef Martin Winterkorn diese Zielgrößen inzwischen „sehr ambitioniert“ nennt, passt zu den jüngsten Ebit-Zahlen. Trotz des Zuwachses im dritten Quartal hinkt VW den Planungen auf Jahressicht leicht hinterher. Mit nunmehr 8,56 Milliarden Euro für die ersten neun Monate muss sich VW noch strecken. Das Loch ist rund 300 Millionen Euro groß. Der Betrag ging VW zwischen Juli und Ende September allein durch ungünstige Wechselkurse verloren.
Der starke Euro drückte außerdem auf den Umsatz. Stehen die Währungskurse ungünstig, bringen selbst gut laufende Geschäfte auf einigen ausländischen Märkten nach der Umrechnung weniger Umsatz. Mit diesem Problem kämpfen derzeit viele europäische Unternehmen. Laut Finanzchef Pötsch hätte Volkswagens Umsatz ohne diesen Effekt um drei Prozent zugelegt. So ging er im dritten Quartal aber um knapp vier Prozent auf 47 Milliarden Euro zurück. Und Pötsch erwartet für 2014 keine besseren Bedingungen. An der Börse sorgten die Aussagen aber keineswegs für Unmut: Volkswagens Vorzugs-Aktien legten um fünf Prozent auf 183,50 Euro zu und waren damit Dax-Spitze.
Rückenwind für die Jahresziele kann indes auch Absatzmotor China kaum liefern, weil VW das dortige Joint-Venture-Geschäft gesondert ausweist. Dabei spielt das Reich der Mitte, in dem die Wolfsburger inzwischen rund jedes dritte Auto verkaufen, weiterhin in einer anderen Liga: Mit anteilig 3,53 Milliarden Euro operativem Ergebnis für die ersten neun Monate übertraf der Konzern den entsprechenden Vorjahreswert um rund 25 Prozent. Allerdings fließen sowohl Gewinn als auch Umsatz aus diesen Gemeinschaftsunternehmen nicht in die Konzernzahlen für das operative Ergebnis und die Erlöse ein. Dadurch erklären sich zum Teil auch die Rückgänge der einzelnen Marken beim Umsatz. Ein großes Stück des China-Erfolgs findet also gar nicht seinen Weg in die Kennzahlen der einzelnen VW-Töchter.
Dagegen macht sich weiterhin das unter der Schuldenkrise ächzende Europa überall negativ bemerkbar. VW berichtete abermals von einem „anhaltend schwierigen Marktumfeld“, dem sich der Konzern nicht entziehen könne. Immerhin: Der Konzern profitiert stärker von den Spareffekten seines neuen Baukastensystems. Seit Januar sanken die Kosten im Pkw-Bau verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 1,1 Milliarden Euro. Mit dem sogenannten Modularen Querbaukasten (MQB) bringt Volkswagen immer mehr baugleiche Teile in immer mehr verschiedene Modelle der Konzernfamilie. Bis 2015 schätzt Pötsch die Einsparmöglichkeiten auf insgesamt 2,7 Milliarden Euro.
Ein dickes Plus gab es bei der Belegschaft: 570 100 Menschen arbeiteten Ende September für das VW-Reich mit seinen weltweit 104 Fabriken. Ende 2012 waren es gut 20 000 Mitarbeiter weniger gewesen.