VW-Nutzfahrzeuge stark wie nie

Hannover (dpa) - Bremsspuren in der Heimat, Beschleunigung im Rest der Welt: Die Nutzfahrzeug-Tochter von Volkswagen will nach dem Rekordjahr 2011 gegen die Abkühlung der Autokonjunktur in Europa anfahren.

Der Start einer Produktionslinie für den Pick-up Amarok Ende Juni im Hauptwerk Hannover werde die Position des Unternehmens im Wettbewerb insgesamt weiter verbessern, sagte Vorstandschef Wolfgang Schreiber am Mittwoch.

„Die Menschen halten sich zurück“, erklärte Vertriebsvorstand Harald Schomburg mit Blick auf die wachsende Verunsicherung wegen der Euro-Schuldenkrise. Auch beim Verkauf leichter Nutzfahrzeuge gelte es nun vor allem in Süd- und Westeuropa, „ein dickes Brett zu bohren“. Märkte wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und Osteuropa liefen noch gut: „Wir gehen davon aus, auf ein ähnliches Niveau in Europa zu kommen wie 2011 - allerdings in anderer Zusammensetzung.“

Für Volkswagen ist das Geschäft mit Lieferwagen, Transportern und Pick-ups eine wichtige Ertragsquelle. Das operative Ergebnis der Sparte legte 2011 von 232 Millionen auf einen neuen Bestwert von 449 Millionen Euro zu. Der Umsatz stieg von 7,4 auf 9 Milliarden Euro.

Zum Nettogewinn machte die Tochter keine Angaben. Insgesamt fuhr der VW-Konzern 2011 unterm Strich einen Rekordgewinn von 15,8 Milliarden Euro ein. Mit 197 Millionen Euro investierten die Hannoveraner im vergangenen Jahr ebenso viel wie 2010. „Wir haben einigermaßen maßhalten können“, sagte Finanzvorstand Klaus-Dieter Schürmann. Weltweit lieferte das Unternehmen 528 800 leichte Nutzfahrzeuge aus - 21,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

Große Hoffnungen setzt die Marke in den Amarok. Das im Frühjahr 2010 eingeführte Modell verdreifachte seine globalen Verkäufe 2011 auf 66 500 Stück. Bisher wird der Pick-up im argentinischen Pacheco gefertigt, von Deutschland aus soll er künftig auch an europäische und afrikanische Kunden ausgeliefert werden. Wartezeiten ließen sich so verkürzen und Transportkosten drücken, hieß es: „Das wird zu einer deutlichen Belebung beitragen.“ 40 000 Amaroks sollen pro Jahr vom Band rollen, mehr als 1000 Mitarbeiter produzieren das Auto in Hannover.

Auch der Stadtlieferwagen Caddy erreichte 2011 ein deutliches Verkaufsplus um fast ein Viertel auf 160 600 Fahrzeuge. Die T5-Transporter steigerten ihre Auslieferungen um 5,2 Prozent auf 155 800. Der Kleinlastwagen Crafter legte auf 39 600 zu (plus 5,7 Prozent).

Bei der Entwicklung eines möglichen Crafter-Nachfolgemodells laufen nach den Worten Schreibers die Gespräche mit der jüngsten Konzerntochter MAN auf vollen Touren: „Selbstverständlich arbeiten wir mit MAN zusammen - auch auf dem Gebiet des Klein-Lkw.“

Ein bestehender Kooperationsvertrag mit Mercedes-Benz soll Ende 2016 auslaufen. „Wir haben eine gute Partnerschaft mit Daimler“, meinte Schreiber. Als Alternative biete sich jedoch auch eine Zusammenarbeit mit MAN an, alle Möglichkeiten würden untersucht. Auch der Bau eines Mini-Lieferwagens auf Basis des VW Up sei denkbar.

Der Vertriebschef nimmt Ende März seinen Hut. „Herr Schomburg wird nach sehr erfolgreichen sechs Jahren das Unternehmen verlassen“, sagte Schreiber. Schomburg begründete dies mit eigenen Plänen: „Ich bin der dienstälteste Vertriebsvorstand im Konzern. Da wird es Zeit, mal etwas Neues zu machen.“ Sein Nachfolger wird Ex-Daimler-Manager Bram Schot, zunächst aber nur als Mitglied der Geschäftsführung.

Europas größter Autobauer beschäftigt in seiner Sparte für leichte Nutzfahrzeuge rund 17 000 Mitarbeiter, davon 12 600 in Hannover. Dort produziert die Tochter zudem Auto-Komponenten. „Auch die Karosserie für den Porsche Panamera sichert Arbeitsplätze“, sagte Schomburg. Für die Amarok-Linie würden wohl zusätzliche Leiharbeiter eingestellt.