VW verliert Verbrauchervertrauen wegen Abgas-Skandal
Wolfsburg (dpa) - Drei Wochen nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals bei Volkswagen reißen die schlechten Nachrichten für Europas größten Autobauer nicht ab. Die Mehrheit der Verbraucher in Deutschland hat laut einer Umfrage das Vertrauen in den Konzern verloren.
Zudem wurden erneut politische Forderungen nach konsequenten Sanktionen von allen Rechtsverstößen laut. Der US-Bundesstaat Texas verklagt die Landesgesellschaften von Audi und VW wegen des Verstoßes gegen Verbraucherschutz- und Umweltgesetze.
Volkswagen habe seine Kunden absichtlich über Jahre in die Irre geführt, teilte der Justizminister und Generalstaatsanwalt des Staates Texas, Ken Paxton, am Donnerstag (Ortszeit) mit. Wenn Firmen vorsätzlich das Vertrauen der Öffentlichkeit verletzten, müsse eine Strafe bezahlt werden. Ende September hatte bereits der texanische Landkreis Harris Counts VW wegen Luftverpestung auf mehr als 100 Millionen Dollar verklagt. VW drohen wegen des Skandals Straf- und Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe.
Die Verkehrsminister der Länder forderten am Freitag von der Bundesregierung eine konsequente Aufklärung der Manipulationsvorwürfe und Rechtsverstöße. Unabhängig vom Abgasskandal soll sich der Bund bei der EU für neue Teststandards starkmachen, die das Fahr- und Verbrauchsverhalten besser abbilden sollen als bisher.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte zeitnah eine Erklärung des Kraftfahrtbundesamtes an VW an. Darin werde mitgeteilt, was geschehen müsse, damit die Fahrzeuge der Zulassung entsprächen. VW hatte dem KBA einen Maßnahmenplan vorgelegt.
Mitte September war bekanntgeworden, dass Volkswagen mit einer Software Abgaswerte bei Testverfahren manipuliert. Die Software wurde weltweit in elf Millionen Autos installiert, VW plant ab 2016 Rückrufe.
In einem Brief an VW spricht sich auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz für effizientere Kontrollen auf europäischer Ebene aus. „Dabei geht es auch darum, so schnell wie möglich Prüfverfahren einzuführen, die nicht manipulierbar sind“, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Als Konsequenz aus dem Abgasskandal will VW nach Medieninformationen ein neues Vorstandsressort für Recht schaffen, das Gesetzesverstöße künftig verhindern soll. Das sei „der nächste logische Schritt“, heiße es in Kreisen des Unternehmens, berichtete der Rechercheverbund von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR (Freitag). Gespräche mit möglichen Kandidaten für dieses Amt würden bereits geführt. Insider rechneten damit, dass der neue Posten bereits in den nächsten zwei bis drei Wochen besetzt werden könnte.
VW denke darüber nach, es gebe aber noch keine Entscheidung darüber, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Konzernkreisen. In Person von Frank Fabian gibt es im Konzern bereits seit 2001 einen sogenannten Compliance Officer, der Verstöße verhindern soll. Eine Aufwertung des Postens in den Vorstand könne durchaus eine große Außenwirkung haben, hieß es aus dem Konzern. Siemens und Daimler hatten bei großen Schmiergeldfällen ähnlich reagiert, um die Behörden milde zu stimmen.
Darüber hinaus kommen bei VW nach dem angekündigten verschärften Sparkurs des neuen Konzernchefs Matthias Müller nun erste konkrete Projekte auf den Prüfstand. Nach Ansicht von Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh muss dabei etwa über die Zukunft der unter Absatzproblemen leidenden VW-Luxuslimousine Phaeton gesprochen werden. „Also wenn schon Phaeton, dann als Elektro-Fahrzeug mit 800 Volt, 15 Minuten Ladezeit und mit 500 Kilometer Reichweite“, sagte Osterloh am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Unterdessen hat Volkswagen einer repräsentativen Umfrage zufolge wegen des Skandals massiv das Vertrauen der deutschen Verbraucher verloren. Laut der Studie des Verbandes der Kommunikationsagenturen GPRA, vertrauen nur noch 43 Prozent der Befragten dem Wolfsburger Konzern. Zuletzt hatte der Verband 2013 vergleichbare Werte erhoben: Damals gaben noch 84 Prozent der Befragten an, VW zu vertrauen. Über die Umfrage hatten zuvor „Wirtschaftswoche“ und „Focus“ berichtet.