Wachstum in China fällt auf Drei-Jahres-Tief
Peking (dpa) - Dem Drachen fehlt Feuer: So langsam wie im dritten Quartal ist China seit Beginn der globalen Finanzkrise nicht mehr gewachsen. Die Abkühlung in der zweitgrößten Volkswirtschaft verheißt nichts Gutes für die Weltkonjunktur und die deutsche Exportwirtschaft.
Das chinesische Wachstum stieg im dritten Quartal nur um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistikamt mitteilte. Es war der siebte Quartalsrückgang in Folge und das niedrigste Wachstum seit Anfang 2009 kurz nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise.
Durch die Abkühlung kann China der Weltkonjunktur nicht mehr so stark wie bisher unter die Arme greifen. Deutsche Exporteure, die besonders vom China-Geschäft profitiert haben, bekommen den Wachstumsrückgang bereits zu spüren. Im vergangenen Jahr hatte Chinas Wirtschaft noch um 9,2 Prozent zugelegt, während in den ersten drei Quartalen dieses Jahres nur 7,7 Prozent erreicht wurden.
Die Schuldenkrise in Europa und die schlechte Konjunktur in den USA haben zu einer spürbaren Abschwächung der Nachfrage nach Waren „Made in China“ geführt. Die Exporte trugen 2011 laut Weltbank zu 31 Prozent zum chinesischen Wachstum bei. Der unzureichende heimische Konsum und die schlechtere Investitionsentwicklung in China konnten die Ausfälle nicht aufgefangen.
Trotz der enttäuschenden Entwicklung gab sich Regierungschef Wen Jiabao demonstrativ zuversichtlich. Vor Bekanntgabe der Zahlen warnte der Premier zwar vor „beträchtlichen Schwierigkeiten“ im letzten Quartal, äußerte aber seine Überzeugung, dass sich die Wirtschaft durch die Konjunkturmaßnahmen „weiter stabilisieren“ werde.
Die Verlangsamung der Industrieproduktion wurde im September vorerst gestoppt, blieb aber mit 9,2 Prozent auf einem für China schwachen Niveau. Im August war mit 8,9 Prozent das schwächste Produktionswachstum seit April 2009 erreicht worden. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im September um 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat oder um 1,46 Punkte im Vergleich zum Vormonat.
Volkswirte der Allianz sahen Hinweise für eine „weiche Landung“. Das Wirtschaftswachstum sei nur geringfügig niedriger ausgefallen als im Vorquartal mit 7,6 Prozent. Auch hätten sich Industrieproduktion, Einzelhandel und Einkaufsmanagerindex leicht verbessert. Im laufenden Quartal sei mit einer Wachstumsbeschleunigung zu rechnen, wozu eine moderat expansiv wirkende Wirtschaftspolitik der Regierung beitragen dürfte, meinte Allianz-Ökonom Gregor Eder in einer Studie.
Chinas Regierungschef Wen Jiabao mahnte allerdings: „Wir sollten uns bewusst sein, dass die Grundlagen für eine stabile Wirtschaft wegen des beträchtlichen Rückgangs bei den Unternehmensgewinnen und Des Wachstums der Finanzeinnahmen noch nicht solide genug sind.“ Es habe aber Verbesserungen in der Entwicklung und Umstrukturierung der Wirtschaft gegeben, auch wenn besonders traditionelle Industrien weiter in Schwierigkeiten steckten. Einer Lockerung der Kontrollen des überhitzten Immobilienmarktes erteilte Wen Jiabao eine Absage.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) hat ihre Vorhersage für China für das ganze Jahr von 8,5 auf nur noch 7,7 verringert. Von so hohen Wachstumsraten können die krisengeplagten Europäer oder Amerikaner nur träumen, doch braucht ein Schwellenland mit viel Nachholbedarf wie China schnelles Wachstum, um ausreichend Arbeitsplätze schaffen und seine Probleme lösen zu können. Die kritische Grenze legen Ökonomen bei sechs oder sieben Prozent an.
Experten erwarten, dass China sein selbst gestecktes Wachstumsziel von 7,5 Prozent in diesem Jahr leicht übertreffen dürfte. Allerdings war diese Vorgabe der Regierung immer schon höchst konservativ angesetzt und gewöhnlich um ein oder zwei Prozent übertroffen worden.