Warnschuss: Deutsche-Bank-Aktionäre gegen neues Bonus-Modell
Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche-Bank-Führung ist bei der Hauptversammlung mit einem blauen Auge davon gekommen. Zwar lehnten die Aktionäre am späten Donnerstagabend das neue Vergütungsmodell für den Vorstand mit knapper Mehrheit ab.
Doch Aufsichtsratschef Paul Achleitner, den einflussreiche Investoren schon vor dem Aktionärstreffen in Frankfurt harsch kritisiert hatten, blieb die befürchtete krachende Niederlage bei seiner Entlastung erspart - auch wenn ihm nur rund 87 Prozent der Anteilseigner ihr Vertrauen aussprachen. Üblich ist eine Zustimmung von weiter über 90 Prozent.
Knapp 52 Prozent der Aktionäre stimmten gegen das seit diesem Jahr geltende Vergütungsmodell für das Top-Management. Das Modell sieht Extra-Boni für Vorstände vor, wenn ihr Geschäftsbereich gut läuft. Die Aktionäre sollten die Regeln der Form halber noch billigen. Bindend ist ihr Votum gemäß Aktiengesetz aber nicht. Achleitner erklärte jedoch, die Kritik sehr ernst zu nehmen und sie bei der Ausgestaltung der Bonusregeln berücksichtigen zu wollen.
In dem neuen Modell könnte Investmentbanking-Vorstand Jeff Urwin in einem Erfolgsjahr für seine Sparte bis zu 13,2 Millionen Euro kassieren - und damit mehr als Vorstandschef John Cryan, für den die Obergrenze bei 12,5 Millionen Euro liegt. Die Grundgehälter bleiben unverändert bei 3,8 Millionen Euro für Cryan und 2,4 Millionen Euro für einfache Vorstandsmitglieder.
Für 2016 hat der Aufsichtsrat wie in den vergangenen Jahren die Gehälter für alle Vorstände auf je 9,85 Millionen Euro gedeckelt. Für das vergangene Jahr hatte die Deutsche Bank nach einem Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro alle Boni für die Vorstände gestrichen. Cryan hatte wiederholt angedeutet, dass 2016 rote Zahlen zu erwarten sind und dann auch nicht mit einem Bonus für den Vorstand zu rechnen ist.
Bei der Hauptversammlung vor einem Jahr hatten die Aktionäre die damalige Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen nur mit 61 Prozent entlastet. Wenige Wochen später trat Jain zurück. Fitschen schied nach der diesjährigen Hauptversammlung aus dem Vorstand aus. Der 67-Jährige wird Deutschlands größtes Geldhaus aber weiterhin im Geschäft mit Unternehmen in Deutschland und Asien unterstützen.
Cryan sprachen die Aktionäre als neuem starken Mann an der Deutschen-Bank-Spitze mit großer Mehrheit (98,53 Prozent) das Vertrauen aus. Der Brite hatte vor den Aktionären seine Entschlossenheit bekräftigt, die Bank wieder auf Kurs zu bringen und Altlasten schnell aus der Welt zu schaffen.
„Bei aller Vorsicht sehe ich uns - was unsere Rechtsstreitigkeiten angeht - allmählich auf der Zielgeraden“, sagte der Manager. „Wir sind zuversichtlich, in diesem Jahr noch einige wichtige Verfahren abschließen zu können.“ Aktuell hat die Bank mit 7800 Rechtsstreitigkeiten zu tun, die meisten nach Cryans Angaben mit einem sehr niedrigen Streitwert.
In den vergangenen Jahren kosteten juristische Fehden den Dax-Konzern gut 12 Milliarden Euro - etwa wegen der Beteiligung an Zinsmanipulationen (Libor), umstrittenen Hypothekengeschäften und Verstößen gegen Handelssanktionen. Für noch drohende Strafen wurden weitere 5,4 Milliarden Euro zurückgelegt. „In diesem Jahr rechnen wir noch einmal mit weiteren Belastungen“, bekräftigte Cryan.
Achleitner versicherte, die Bank werde bei der Aufarbeitung von Skandalen auch nach dem Rücktritt von Chefaufklärer Georg Thoma nicht nachlassen. Thoma hatte Ende April nach öffentlicher Kritik seinen Rücktritt erklärt. Dem Juristen Thoma waren „Übereifer“ und „juristische Selbstverwirklichung“ vorgeworfen worden.
Die Turbulenzen im Aufsichtsrat hatten auch die Kritik an Achleitner befeuert. Dem Chefkontrolleur wird vorgeworfen, für eine schleppende Aufarbeitung der Altlasten mitverantwortlich zu sein. Zudem habe er zu lange am Investmentbanker Jain als Co-Chef festgehalten.
Der Antrag einer Aktionärin, Schadenersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat wegen möglicher Versäumnisse bei der Aufarbeitung vergangener Skandale in einer Sonderprüfung zu untersuchen, verfehlte die Mehrheit knapp. 53,6 Prozent der Aktionäre stimmten dagegen. Achleitner betonte, er persönlich sehe für einen Rückzug keinen Anlass: „Ich stehe zu meiner Pflicht und Verantwortung.“