Warnstreiks: Züge stehen bundesweit still
Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - Zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen mussten Bahnreisende eine unfreiwillige Pause einlegen: Warnstreiks der Lokführer haben am Freitag bundesweit den Schienenverkehr lahmgelegt.
Über drei Stunden hinweg waren am Vormittag der Nah-, Regional- und Fernverkehr vor allem in Ballungsräumen in Mitleidenschaft gezogen. Das befürchtete Chaos blieb jedoch aus. Insgesamt seien etwa drei von vier Zügen seien betroffen gewesen, teilte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit. Im Fernverkehr wurde laut Deutscher Bahn (DB) etwa ein Drittel der Züge bestreikt. Ab der kommenden Woche könnten die Arbeitsniederlegungen noch massiver werden.
Die Deutsche Bahn sprach von Hunderttausenden Fahrgästen, die von Ausfällen oder Verspätungen betroffen waren - darunter auch etliche Karnevalsjecken. Mit Behinderungen war noch bis in den späten Abend zu rechnen, da die Fahrpläne aus dem Takt geraten seien. Das Unternehmen bot mehrere Hundert Mitarbeiter zusätzlich auf, um die Kunden über die Auswirkungen des Warnstreiks zu informieren und Kaffee oder Tee auszuschenken.
Die Gewerkschaft GDL will einheitliche Tarifbedingungen für rund 26 000 Lokführer in der deutschen Bahnbranche auf dem Niveau der Deutschen Bahn. Betroffen von den Warnstreiks waren sowohl die DB als auch deren Konkurrenten, die ihre Lokführer zu schlechteren Konditionen beschäftigen. Die Verhandlungen sind festgefahren, sechs Anbieter wollen auch gar nicht mehr gemeinsam mit der GDL sprechen.
„Das letzte Angebot der Arbeitgeber ist eine Unverschämtheit“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky in Frankfurt am Main. Nach dem Ende einer Urabstimmung der Gewerkschaftsmitglieder über offizielle Streiks werde der Arbeitskampf in der kommenden Woche ausgeweitet, auch der Güterverkehr werde einbezogen. Möglich sind dann auch Streiks über mehr als drei Stunden.
Weselsky stellte jedoch im Gespräch mit der dpa klar, dass es keine dauerhaften Arbeitsniederlegungen geben werde. „Unbefristete Streiks - das ist nicht ein Terminus, den wir verwenden.“ Bis einschließlich Rosenmontag (7.3.), dem Tag der Auszählung der Urabstimmung, seien auch keine weiteren Warnstreiks geplant.
Deutsche-Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber forderte die GDL erneut zum Stopp der Streikmaßnahmen auf. Man habe auf Grundlage der Gewerkschaftsforderungen den abschlussreifen Entwurf eines Lokführer-Rahmentarifvertrags vorgelegt, der alle geforderten Kernelemente enthalte. „Es ist widersinnig: Die einen werden bestreikt, weil sie nichts vorlegen, die DB wird bestreikt, obwohl sie das vorlegt, was die GDL will.“
Die Allianz aus sechs großen Bahn-Konkurrenten (G6) kündigte die gemeinsamen Tarifverhandlungen mit der GDL auf. Künftig könnte die Gewerkschaft nur noch mit einzelnen Unternehmen über Haustarifverträge sprechen, sagte Verhandlungsführerin Ulrike Haber-Schilling.
Grund für den Rückzug der Wettbewerber der Bahn aus den seit Monaten laufenden Gesprächen sei die Weigerung der GDL, sich auf eine Schlichtung einzulassen, ergänzte Haber-Schilling. Ein „Tarifdiktat“ der Gewerkschaft sei nicht weiter hinzunehmen. Zur G6 gehören die Unternehmen Abellio, Arriva, Benex, Hessische Landesbahn, Keolis und Veolia Verkehr.
Die Computermesse CeBIT in Hannover setzte am Freitag einen Bus-Shuttle von den Flughäfen Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt ein, um Besucher abzuholen. Auch anderswo waren Busse und Autos für Mitfahrgelegenheiten im Einsatz. Die Nord-Ostsee-Bahn konnte ihre Hauptverbindung von Hamburg nach Sylt zum größten Teil bedienen. Die Strecke gilt als problematisch, da es auf dem Hindenburgdamm keine Straße als Alternative für eine Fahrt auf die Nordseeinsel gibt.