Warum schnelles Internet so selten ist
Falsche politische Vorgaben und unfairer Wettbewerb behindern den Netzausbau. Die neue Bundesregierung muss Tempo machen.
Düsseldorf. Wer Alexander Dobrindt über Digitalisierung reden hört, könnte meinen, Deutschland sei in dieser Sache auf einem guten Weg. Bis 2025 werde es hierzulande ein flächendeckendes Gigabit-Netz geben, tönt der Noch-Verkehrs- und Infrastrukturminister von der CSU immer wieder. Woher die dafür notwendigen 80 Milliarden Euro kommen sollen, sagt der Politiker aber nicht. Er legt sich auch nicht fest, welche Internetgeschwindigkeit jeder Haushalt bis 2025 mindestens haben wird.
2014 war die Ansage deutlicher. Damals verkündete Dobrindt, bis Ende 2018 werde jeder Haushalt in Deutschland mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) erreichbar sein. Das sei nicht ambitioniert genug, meinten Kritiker. Angesichts der rasant wachsenden Datenmengen im Netz zeigt sich, wie berechtigt die Skepsis war. „So ein Ziel wie 50 Megabit ist für die bedeutendste Industrienation Europas schlichtweg zu klein, so Hannes Ametsreiter, Deutschland-Chef des britischen Mobilfunkkonzerns Vodafone.
Wie negativ sich die 50 Megabit-Vorgabe auswirkt, zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Demnach müssen die Netzbetreiber nicht in Glasfasertechnik investieren, sondern können die 50 Mbit/s mittels VDSL-Technik auch über bestehende Kupferleitungen erreichen. Notwendig sei nur die Aufrüstung der Zuführungsstrecken. Im Ergebnis führe dies zu einem deutschen Sonderweg und verhindere den konsequenten Glasfaser-Ausbau.
Besonders das ehemalige Staatsunternehmen Telekom, an dem der Bund immer noch mit 31,7 Prozent beteiligt ist, profitiert davon. Der Konzern legt die Glasfaserleitungen bis zu den Verteilerkästen am Straßenrand, nutzt aber für die letzten Meter in die Wohnungen die alten Kupferleitungen mittels einer Technologie, die dazu führt, dass Telekom-Konkurrenten nicht mehr direkt auf diese Leitungen zugreifen können.
Was aus Sicht von Experten völlig fehlt, sind politische Rahmenbedingungen, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen und damit auch die Basis für den raschen Glasfaser-Ausbau bieten. Ziel müsse es sein, Doppelverlegungen zu vermeiden. Wie sehr Deutschland beim schnellen Internet abgehängt wurde, zeigt der Vergleich mit anderen Nationen (siehe Grafik). In Schweden beispielsweise kümmern sich kommunale Versorger um den Glasfaseranschluss ihrer Bürger. Dabei wurde der Gedanke der Daseinsvorsorge, ähnlich wie bei Energie und Wasser, auf den Breitbandanschluss übertragen.
Das Urteil der Forscher vom Fraunhofer-Institut fällt vernichtend aus: „Fast alle Industrieländer investieren in Glasfasernetze und bauen Überholspuren für ihre Datenautobahnen. Deutschland hingegen fährt immer noch auf der Kriechspur.“
Wer in florierenden Ballungsräumen wie Köln oder Düsseldorf wohnt und arbeitet, profitiert schon heute von schnellen Leitungen. Dort funktioniert die Versorgung, weil sich die Investitionen lohnen. Viele private Haushalte und Betriebe nutzen Festnetz-Breitbandanschlüsse, wenn sie angeboten werden.
In der Fläche zeigt sich ein anderes Bild. Dort ist der Staat gefordert, mit öffentlichen Mitteln ein Glasfasernetz zur Verfügung zu stellen. Größter Kostenfaktor ist dabei der Tiefbau. Bislang ist es gesetzlich geregelt, dass Versorgungsleitungen auf 80 Zentimeter Tiefe verlaufen. Andere Länder erlauben Glasfaserleitungen oberirdisch an Masten. Das spart Zeit und Geld. Hinzu kommt der Mangel an Unternehmen, die solche Aufträge ausführen können. Weil die Baubranche an der Kapazitätsgrenze ist, fehlen die Fachkräfte für die Verlegung von Breitbandnetzen.
Zurück zu Alexander Dobrindt und seinen Versprechungen. Dass der CSU-Mann in einer Jamaika-Koalition noch für Digitalisierung zuständig sein wird, gilt als unwahrscheinlich. Vermutlich besteht die FDP darauf, diesen Schlüssel-Bereich zu verantworten. Wer immer auch das Sagen hat: Deutschland braucht mehr Geschwindigkeit im Netz, wenn es ökonomisch weiter ganz vorne mitmischen will.