Abwicklung wie geplant Was der EU-Entscheid für Air Berlin bedeutet

Passagiere können weiter fliegen, Manager weiter verhandeln. Vorerst läuft die Air-Berlin-Abwicklung wie geplant. Doch bei einem Verkauf wird sich Brüssel die Angelegenheit noch mal ganz genau ansehen.

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Berlin/Brüssel (dpa) - Die Hiobsbotschaft platzte mitten in die Ferien- und Reisezeit: Vor gut drei Wochen meldete die verlustreiche Fluggesellschaft Air Berlin Insolvenz in Eigenverwaltung an - Zukunft ungewiss.

Die EU-Kommission machte nun den Weg für einen staatlichen Übergangskredit frei. Erledigt ist das Thema Air Berlin damit aber noch nicht. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Was genau haben die Brüsseler Wettbewerbshüter entschieden?

150 Millionen Euro soll Air Berlin nach Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums bekommen, um damit die nächsten Monate bis zu einem endgültigen Verkauf überbrücken zu können. Die EU-Kommission hat dagegen keine Einwände.

Die Behörde betont zwar, dass Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zu den Beihilfearten zählen, die den Wettbewerb am stärksten verzerren. In diesem Fall gebe es jedoch strenge Voraussetzungen für die Zahlung, die Laufzeit sei zudem vergleichsweise kurz.

Außerdem werde Air Berlin anschließend voraussichtlich vom Markt verschwinden. Dadurch hielten sich die Wettbewerbsverzerrungen in vertretbaren Grenzen. „Außerdem ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die Maßnahme zum Schutz der Interessen der Fluggäste und zur Aufrechterhaltung des Passagierluftverkehrs beiträgt“, heißt es in einer Erklärung der Wettbewerbshüter.

Wie lange kann Air Berlin jetzt noch fliegen?

Der Staatskredit soll bis Ende November reichen - bis dahin soll die Airline mit ihren begehrten Start- und Landerechten nach Plänen der Verantwortlichen verkauft sein. Verlustbringer streicht Air Berlin jedoch schon jetzt aus dem Flugprogramm: In Berlin fallen sämtliche Langstreckenverbindungen weg, in Düsseldorf zwei von 13. Am Wochenende fielen auch einzelne Europa- und Deutschlandflüge aus, dafür wurden aber nicht näher erläuterte operative Gründe genannt. Am Montag stabilisierte sich der Betrieb.

Wie ist die Airline eigentlich in Turbulenzen geraten?

Air Berlin war über Jahre durch Zukäufe etwa der Fluggesellschaften dba und LTU stark gewachsen - jedoch ohne klare Ausrichtung. Man flog Geschäftsflieger zum Termin, Urlauber zum Strand, betrieb auch ein Charter-Geschäft. 2008 rutschte Air Berlin in die roten Zahlen. Es gab Sparprogramme und Personalabbau, doch ein tiefgreifender Umbau blieb trotz des harten Wettbewerbs im Luftverkehr aus.

Seit 2012 schoss der Großaktionär Etihad immer wieder Geld nach, um über Air Berlin Zugang zum europäischen Markt zu behalten. Im August drehten die Araber den Geldhahn zu und Air Berlin wurde ein Fall für das Insolvenzgericht.

Wie geht es nun beim geplanten Verkauf weiter?

Schon vor dem Insolvenzantrag gab es Gespräche mit der Lufthansa über eine Übernahme von Teilen der Air Berlin - eine Komplettübernahme würden die Wettbewerbshüter unterbinden, fürchten die Verantwortlichen. Lufthansa hat vor allem die Touristik-Tochter Niki im Blick und bietet auch für die Langstreckenflotte der Air Berlin. Air Berlin verhandelt aber mit weiteren Unternehmen. Als Interessenten gelten Condor, Easyjet und der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl. Auch der frühere EnBW-Chef Utz Claassen und der Berliner Hotelbetreiber Alexander Skora brachten sich ins Gespräch.

Eine Übernahme müsste aller Voraussicht nach noch einmal von den EU-Wettbewerbsprüfern unter die Lupe genommen werden. Die EU-Kommission ist bei Firmenzusammenschlüssen zuständig, wenn der Umsatz aller Beteiligten zusammen mindestens fünf Milliarden Euro beträgt. Die Lufthansa allein erreichte 2016 bereits einen Jahresumsatz von rund 32 Milliarden Euro. Air Berlin wies zuletzt rund 3,8 Milliarden Euro auf.

Der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Frank Kebekus will den Verkauf noch in diesem Monat über die Bühne bringen. Bis zum 15. September nimmt er Angebote an, sechs Tage später sollen die Gläubiger entscheiden. Doch es gibt Unwägbarkeiten: Ryanair hat Beschwerde beim Bundeskartellamt und bei den EU-Wettbewerbshütern eingelegt. Germania will einen Verkauf an Lufthansa gerichtlich verhindern.