Erbschaftsteuer Wer einen alten Menschen pflegt, kann bei der Erbschaftssteuer sparen

Erbschaftsteuer: Auch wenn Kinder und nahe Verwandte sich kümmern, können sie bis zu 20.000 Euro zusätzlich geltend machen.

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Düsseldorf/Wuppertal. Es ist ein Fall, wie er sich unter vielen Dächern abspielt. Ein Familienmitglied wird pflegebedürftig, man will eine Heimunterbringung vermeiden und ein Familienmitglied kümmert sich. Hier hilft der Staat zum einen durch das Pflegegeld. Aber es gibt noch eine andere Variante staatlicher Hilfe. Nämlich eine Besserstellung des Pflegenden bei der Erbschaftsteuer — was natürlich nur dann relevant wird, wenn er Erbe wird. In § 13 I Nr. 9 des Erbschaftsteuergesetzes wird ihm ein zusätzlicher Freibetrag bei der Erbschaftsteuer von 20.000 Euro gewährt. Und zwar addiert zum ohnehin für ihn geltenden Freibetrag.

Die unter Juristen umstrittene Frage war bislang: Bekommt diesen zusätzlichen Freibetrag auch ein solcher Erbe, der sich ohnehin um seinen Angehörigen kümmern muss? Etwa, weil er ihm Unterhalt zahlen muss? Eine solche Pflicht haben nämlich Kinder gegenüber ihren Eltern. Daraus ließe sich schließen: Wer für seine Eltern aufkommen muss, muss sie im Zweifel auch pflegen und kann dann als Erbe nicht noch einen zusätzlichen Freibetrag geltend machen.

Mit dieser Argumentation hat der Bundesfinanzhof (Az. II R 37/15) jedoch aufgeräumt. Zugrunde lag dieser Fall: Eine Frau war nach einer Operation gelähmt, sie musste über eine Magensonde gefüttert werden und bedurfte einer Rundumpflege. Dies übernahm die Tochter, die ihre Mutter in ihr Haus aufnahm und sie gut zehn Jahre lang bis zu deren Tod pflegte.

Als die Tochter als Erbin dafür den erwähnten Zusatz-Freibetrag von 20.000 Euro geltend machte, sagte das Finanzamt nein. Denn sie sei schließlich aufgrund ihrer Unterhaltspflicht gesetzlich verpflichtet, für ihre Mutter einzustehen.

Der Bundesfinanzhof teilt eine solch enge Sichtweise nicht. Wenn man so argumentiere wie das Finanzamt, dann laufe der besonderere Freibetrag des § 13 I Nr. 9 praktisch ins Leere, weil Pflegeleistungen doch üblicherweise innerhalb der Familie, insbesondere zwischen Kindern und Eltern erbracht würden.

Arvid Feuerstack, Partner der Wuppertaler Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft HLB Treumerkur, rät: „Von dem Urteil können auch Empfänger bereits ergangener Steuerbescheide noch profitieren, die häufig unter Vorbehalt erlassen wurden und daher noch geändert werden können.“

Damit die Finanzbehörden den Pflegefreibetrag künftig bei der Erbschaftsteuer anerkennen, sollten sämtliche Pflegeleistungen dokumentiert werden. „Der Erbe, der die Pflegeleistungen erbracht hat, muss deren Art, Dauer, Umfang und Wert (orientiert an den Vergütungssätzen von Pflegediensten) nachweisen können“, erklärt Feuerstack. Die tatsächliche Höhe des Freibetrags richte sich nach dem jeweiligen Einzelfall und könne maximal 20 000 Euro zusätzlich zum Erbschaftsteuerfreibetrag sein.

Nicht immer muss man alles detailliert nachweisen. Im Urteil des Bundesfinanzhofs steht nämlich auch: „Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen kann der Freibetrag auch in voller Höhe (maximal 20 000 Euro) zu gewähren sein, ohne dass es eines Einzelnachweises zum Wert der Pflegeleistungen bedarf.“

Aber wie praktisch bedeutsam ist all das eigentlich? Schließlich haben die von einem Elternteil erbenden Kinder doch ohnehin schon einen hohen Freibetrag von 400.000 Euro. Da dürften zusätzliche 20.000 Euro kaum relevant sein. Experte Feuerstack ordnet das so ein: „Erbschaften in dieser Höhe sind natürlich nicht der Alltagsfall. Es kann sich aber auch um Fälle handeln, dass sich Geschwister untereinander pflegen, ein Enkel die Großeltern oder eine Nichte den Onkel.“ Auch gebe es Fälle, in denen eine fremde Person, die später Erbe wird, eine ältere Person „gegen unzureichendes Entgelt“ pflegt. Hier müsste jedoch ein detaillierter Nachweis erbracht werden. Für diesen Personenkreis sei der persönliche Freibetrag bei der Erbschaftsteuer schon viel geringer, oft bei nur noch 20.000 Euro. Hier sei der zusätzliche Pflegefreibetrag von 20.000 Euro durchaus relevant.