Interview Wirtschaftsforscher Horn sieht Personalwechsel bei US-Notenbank gelassen

Mit dem Juristen Jerome Powell soll ein ehemaliger Investmentbanker künftig die international einflussreiche US-Notenbank Fed leiten.

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Was bedeutet das für Deutschland und den Euro? Darüber sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter mit dem Chef des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn:

Herr Horn, die offizielle Nominierung Powells wurde von einem Kursfeuerwerk an der US-Börse begleitet. Was ist von dem Mann zu erwarten?

Gustav Horn: Powell kommt aus der Finanzmarktszene. Vieles spricht dafür, dass er den Kurs der amtierenden Fed-Chefin Janet Yellen fortsetzt. Dieser Kurs ist auf eine langsame Zinserhöhung ausgerichtet. Das heißt, je stärker sich die amerikanische Wirtschaft festigt, und danach sieht es aus, wird der Zinssatz langsam steigen.

Gerade über das Instrument der Zinsen kann die Fed die Entwicklung in der ganzen Welt beeinflussen. Werden auch Sparer in Deutschland absehbar mehr Geld auf ihre Bankeinlagen bekommen?

Gustav Horn: In naher Zukunft noch nicht. Ich schätze, es wird noch etwa zwei Jahre dauern, bevor auch bei uns die Zinsen wieder steigen. Erst dann dürfte die europäische Wirtschaft ebenfalls so gefestigt sein, dass sie das verkraften kann. Vorher müsste das Anleiheprogramm der Europäischen Zentralbank zurück auf Null gefahren werden. Dann wird der negative Einlagenzins bei der Zentralbank auf Null gesetzt. Erst danach kann der Leitzins langsam steigen. Anleger in Deutschland und Europa, die mit dem Wechsel an der Spitze der Fed auf eine schnelle Zinswende hoffen, muss man also enttäuschen.

Steigende Zinsen in den USA machen den Dollar attraktiver. Was heißt das für den Euro?

Gustav Horn: Die Gemeinschaftswährung wird tendenziell schwächer im Vergleich zur US-Währung. Das ist ja auch ein Grund, warum wir in Deutschland eine Börsenrallye haben. Die Ausfuhren in den Dollar-Raum verbilligen sich. Das ist für die Exportwirtschaft eine gute Nachricht. Damit wird das Wachstum in Deutschland tendenziell stimuliert. Aber auch die Inflationsrate, die europaweit immer noch sehr niedrig ist, dürfte anziehen.

Parallel zur Bekanntgabe der Personalie Powell ließ US-Präsident Trump einen ersten Reform- Entwurf vorlegen, der auf eine radikale Absenkung der Unternehmenssteuer für US-Betriebe zielt. Wird Deutschland hier mitziehen müssen?

Gustav Horn: Im Moment erleben wieder einen massiven Steuersenkungswettlauf für Unternehmen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Frankreich und Großbritannien. Ich halte das für sehr bedenklich. Denn dies könnte dazu führen, dass auch der deutsche Staat immer mehr unter Druck gerät, es den anderen Ländern gleichzutun, weil Unternehmen leichter damit drohen können, ihre Zentralen dorthin zu verlagern, wo sie am günstigsten besteuert werden. Das schadet dem Staat massiv.

Als Chef eines gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts müssen Sie das jetzt sagen, oder?

Gustav Horn: Nein, es gibt Belege dafür, dass die Wirtschaft durch Unternehmenssteuersenkungen nicht nennenswert stimuliert wird. Das neoliberale Kalkül, wonach sich eine solche Reform durch mehr Wachstum quasi selbst finanziert, hat in der Praxis noch nie richtig funktioniert. Im Ergebnis fehlen den jeweiligen Staaten wichtige Einnahmen, was nach aller Erfahrung Ausgabenkürzungen oder Steuerhöhungen an anderer Stelle bedeutet. Und das trifft die normalen Bürger, die ihre Steuerlast nicht so optimieren können wie große Konzerne. Der bessere Weg sind öffentliche Investitionen. Das bringt deutlich größere Effekte.