Wirtschaft Wolfgang Grupp: Der Handschlag-Unternehmer von Trigema

Wolfgang Grupp führt sein Unternehmen Trigema wie eine Familie. Deshalb findet er im hyperventilierenden Fußball-Business keinen Platz mehr, erzählt er in Düsseldorf.

Foto: dpa

Düsseldorf. Wenn Wolfgang Grupp einen Handschlag vollzieht, hat das seinen Wert. Sein Gegenüber hat dann nichts weniger als das Wort des heute 75 Jahre alten Textilunternehmers. Und damit ist eigentlich schon fast alles gesagt über Grupp, Chef des Textilunternehmens Trigema, und dessen Beziehung zum modernen Fußball-Business, in dem Grupp noch eine Rolle spielte, als es viel weniger modern und noch deutlich schrulliger war.

Als es noch zwischen 300 000 und 600 000 DM kostete, um mit seiner Firma die Trikotbrust eines Fußball-Erstligisten zu zieren. Im Jahr. Grupp hat da ordentlich mitgespielt, erzählt er gestern auf dem Spobis-Kongress in Düsseldorf. Er war bei Schalke auf der Brust, bei Hertha BSC Berlin, manchmal hatte er auch zwei Vereine in einer Saison, „wenn das Geld gerade da war“. Immer, wenn ein Bundesliga-Club Not hatte und die ganz großen Unternehmen nicht zugegriffen, kam Grupp und überwies sein Geld. Handschlag, rauf aufs Trikot, Geld überweisen, fertig.

Wenn Grupp gestern erzählt, warum er im Milliarden-Business Fußball heute nicht mehr investieren will, dann hat das genau mit dieser Vergangenheit zu tun: Der letzte Vertrag mit Hertha BSC Berlin Anfang der 90er Jahre endete nämlich nicht gut, Bertelsmann war beim Verein in der gerade wiedervereinigten Hauptstadt eingestiegen. Und bekämpfte fortan Grupp, der zuvor einen für ihn günstigen Vertrag abgeschlossen hatte, als eine Notlage der Hertha rechtmäßig ausgenutzt hatte. „Da war der Handschlag nichts mehr wert“, schimpft Grupp, und es klingt durch, dass ihn das Gebaren heute noch empört. Auch wenn er den Prozess gegen das große Unternehmen Bertelsmann mit dem „kleinen Trigema“ am Ende gewonnen hat. Wie er nebenbei bemerkt. Aber Brustwerbung? Findet Grupp heute nicht mehr interessant.

Und erzählt vom kleinen Einmaleins des Marketings. „Mit 1,5 Millionen Euro können Sie eine Fabrik bauen, die steht auch nach Jahren noch da. Auf der Trikotbrust ist man nach einem Jahr wieder weg. Und es bleibt nichts.“ Das ist natürlich nicht ganz richtig, aber es passt so schön in die Geschichten, die der braun gebrannte Selfmade-Millionär an diesem Morgen erzählt. Die vom Schwaben handeln, der für seine Investitionen noch immer „voll haftet“. Wo habe man das denn heute noch? Grupp hält sich für einen „anständigen Kaufmann“, höflich, alter Schlag, fürchterlich unterhaltsam, mit sich im Reinen. Aber auch für einen „notleidenden Textilproduzenten“, was natürlich wieder heillos übertrieben ist, aber kokettiert mit seiner Rolle, die er als schwäbischer Moralapostel schon durch viele Talkshows hindurch gespielt hat.

Grupp schimpft über die uferlosen Beträge, die heute im großen Sport gezahlt würden. Er hält das nicht für unmoralisch, „wenn es Leute gibt, die das zahlen“, aber für sich selbst sei das eben nicht mehr darstellbar. Einmal habe er sogar mit dem großen FC Bayern über ein Sponsoring verhandelt, aber dann habe ein Handschlag wieder nicht gegolten, Bayerns Manager Uli Hoeneß sei mit dem Angebot handeln gegangen, schimpft Grupp über die fehlende Moral des Geschäfts. Aber man könne auch ohne die Bayern ganz gut leben. „Wir sind ja Schwaben.“ Und Hoeneß? Schätze er trotzdem. „Der hat vor seiner Gefängnisstrafe alles zurückgezahlt, mit Zins und Zinseszins. Und keinen Schaden hinterlassen. Dagegen hat ein Unternehmer wie Anton Schlecker hunderte Familien ruiniert und großen Schaden zurückgelassen, bekommt aber nur eine Bewährungsstrafe“, ereifert sich Grupp. „Da stimmt doch das Verhältnis nicht.“

Eigentlich hält der Mann mit dem feinen blauen Hemd und dem edlen Anzug den Zuhörern das bessere Unternehmerbild vor Augen, das den Raum an diesem Tag durchaus mit Wohlgefühl anfüllt. Da ist einer, der Verantwortung kennt, Handschläge wertschätzt, Verlässlichkeit verkörpert, Fürsorge praktiziert. Der in Deutschland produziert, in Europa einkauft und ein Verantwortungsgefühl für seine Mitarbeiter im baden-württembergischen Burladingen kennt. Grupp mag aus der Zeit gefallen sein, aber jene, die von seiner Mentalität leben, haben es nicht schlecht: Kindern der 1200 Mitarbeiter seines 1919 gegründeten Unternehmens wird eine Lehrstelle garantiert. Er spendet eine Million Euro für die Sporthalle im Dorf, 500 000 Euro für die Stadthalle in Burladingen. Man solle erst das Glück vor der Haustür suchen, sagt er. Und lebt das.

Um ehrlich zu sein: Solche Typen wie der braun gebrannte Asket, der aussieht wie ein französischer Chansonnier, werden heute gar nicht mehr gebaut. „Der König von Burladingen“ nannte der SWR einmal eine Reportage über den Unternehmer. Im Sport-Business, sagt er, wolle er keine Sprünge mehr machen. Stattdessen setzt Grupp seit 1990 auf Fernsehwerbung, da könne man ja „auch etwas erzählen“: Der Affe, mit dem Trigema im TV vor der Tagesschau geworben hat, ist berühmt geworden. Grupp hält das für die bessere Art der Werbung. Nicht mit den Preisen anderer könne seine Firma mithalten. „Aber mit Qualität und Flexibilität.“