ADAC-Test: Teure Kindersitze mit Qualitätsmängeln
Bei einem Vergleich von 27 aktuellen Modellen hat nur die Hälfte die Prüfer überzeugen können.
München/Berlin. Bei aktuellen Kindersitzen liegen Eltern nie völlig daneben. Das hat der jüngste Kindersitztest von ADAC, Stiftung Warentest und anderen Organisationen ergeben. Darin ist kein Modell durchgefallen.
„Allerdings nützt der beste Kindersitz nichts, wenn sich die Eltern für den Einbau ins Auto nicht genügend Zeit nehmen oder ihre Kinder zu locker anschnallen“, betont Andreas Ratzek, Projektleiter beim ADAC. Solche typischen Bedienfehler könnten für die Kleinen bei einem Unfall lebensgefährlich sein.
Von den insgesamt 27 getesteten Kindersitzen aus allen Gewichts- und Preisklassen (99 bis 448 Euro) konnte gut die Hälfte die Tester überzeugen: Zwei bekamen die Note „Sehr gut“ (Peg Perego Primo Viaggio SL & Isofix Base 0+1 für 290 Euro; Kiddy Phoenixfix Pro2 mit Fangkörper für 199 Euro), zwölf ein „Gut“ — wobei ein hoher Preis kein Garant für Qualität ist.
Von den schlechter bewerteten Sitzen schnitten neun mit „Befriedigend“ ab. „Ausreichend“ gab es für vier Modelle: Bei der Babyschale Babyschale Jané Strata & Strata Platform (418 Euro) ist nach Erkenntnissen der Tester der Gurt zu lang, um ein Neugeborenes damit sichern zu können. Bei anderen Sitzen trüben die komplizierte Handhabung oder die nur „ausreichende“ Unfallsicherheit das Gesamtergebnis.
Eine Schwachstelle aller Kindersitze bleibt der Mensch: „Ein guter Sitz, der falsch eingebaut wird, bringt nicht viel“, warnt auch Henry Görlitz, Projektleiter bei der Stiftung Warentest.
Eltern sollten sich stets genügend Zeit für die sorgfältige Montage im Auto nehmen. „Da darf nichts wackeln.“ Schon bei der Anschaffung sei darauf zu achten, dass das Modell zu Kind und Auto passt. Görlitz und Ratzek raten, Sitze vor dem Kauf im eigenen Wagen testweise einzubauen und das Kind Probe sitzenzulassen.
„Beim Anschnallen wollen es Eltern oft gut mit ihrem Nachwuchs meinen, lassen den Sicherheitsgurt locker - und machen einen schwerwiegenden Fehler“, warnt Ratzek. „Der Gurt muss so stramm sein, dass gerade noch eine flache Hand dazwischen passt. Je nachdem, wie dick das Kind angezogen ist, kann die Einstellung von der letzten Fahrt schon nicht mehr passen und der Gurt muss nachjustiert werden.“
Sitzt der Gurt zu locker, gibt er dem Kind bei einem Unfall nicht genügend Halt: Es wird durch die Wucht des Aufpralls in den Gurt katapultiert und kann sich dabei zum Beispiel an Bauch oder Hals lebensgefährlich verletzen.
Nach ADAC-Angaben verunglücken in Deutschland jährlich mehr als 10 000 Kinder als Pkw-Mitfahrer. Auch 20 Jahre nach der Einführung der Kindersicherungspflicht im Auto seien viele Kinder nicht richtig angeschnallt. Das hätten Stichproben vor Kindergärten und Schulen gezeigt.