Aufbruch in den Autofrühling - Ausblick auf den Genfer Salon

Genf (dpa/tmn) - Die Autobranche hat gerade nicht viel zu lachen. Zumindest nicht in Europa. Die Kunden kann das freuen. Denn um die Zurückhaltung zu brechen, starten die Hersteller mit vielen Neuheiten ins Jahr.

Zum ersten Mal zu sehen sind sie beim Genfer Salon.

Je mehr die Autohersteller mit der Absatzkrise in Europa zu kämpfen haben, desto attraktiver wird der Neuwagenmarkt für die Kundschaft. Das gilt nicht nur für Finanzierungsmöglichkeiten und Rabatte, sondern auch für die Modellauswahl: Auf dem Genfer Autosalon (7. bis 17. März), der ersten großen europäischen Automesse dieses Jahres, dürfen sich Besucher auf eine wahre Neuheitenflut freuen.

„Die Messe steht zwar im Zeichen der Krise“, sagt Prof. Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. „Aber gerade deshalb werden wir besonders viele Neuheiten sehen, mit denen die Autobauer förmlich eine Trendwende erzwingen wollen.“ Nach allem, was die Hersteller bisher offiziell angekündigt und hinter vorgehaltener Hand haben verlauten lassen, wird der Genfer Salon vor allem im Zeichen kleiner, vernünftiger und bezahlbarer Autos stehen.

So kommen etwa mit dem Peugeot 2008 und dem Renault Captur aus Frankreich zwei neue Geländewagen, die auf den kleinen Stadtautos Peugeot 208 und dem Renault Clio basieren. Für Familien gibt es von Citroën die Neuauflage des Vans C4 Picasso. Und wer ein bisschen Fahrvergnügen zum moderaten Preis wünscht, für den bringt Opel den neuen Cascada ins Spiel: Ähnlich groß wie ein 3er BMW, kostet das neue Cabrio der Rüsselsheimer 25 945 Euro - und ist damit mehr als ein Drittel günstiger als die bisherigen Modelle in der Mittelklasse.

Ebenfalls familienfreundlich gibt sich VW. Zwar zeigen die Niedersachsen nach offiziellen Angaben auch den neuen Golf GTI, der mit 162 kW/220 PS zum stärksten und schnellsten Vertreter in der Historie der sportlichen GTI-Modelle wird. Doch daneben sollen der besonders sparsame Golf BlueMotion und vor allem die Neuauflage des Kombis Golf Variant stehen, hört man in Unternehmenskreisen.

Die deutschen Nobelmarken backen auch eher kleine Brötchen. So präsentiert Mercedes das kompakte viertürige Coupé CLA. Und BMW überträgt das Schrägheckkonzept des 5er GT nach Informationen aus Unternehmenskreisen auf die 3er-Reihe. Christian Kleinhans vom Beratungsunternehmen Berylls Strategy Advisors in München sieht darin einen Trend: „Nischenkonzepte diffundieren in kleinere Fahrzeugklassen: Nachdem es in den vergangenen Jahren die Geländewagen waren, sind jetzt die Coupé-Limousinen dran.“

Aber wie immer in Genf werde es auch diesmal wieder viele Studien, Exoten und Kleinserienfahrzeuge geben, sagt Kleinhans. Hatten die in den vergangenen Jahren auf dem Autosalon oft Elektroantriebe, rieche es jetzt wieder mehr nach Benzin. „Dieses Jahr wird es besonders sportlich“, stellt der Berater mit Blick auf Supersportwagen wie den Nachfolger des Ferrari Enzo oder den McLaren P1 fest, der sich nach der Vorpremiere im Herbst auf dem Pariser Salon in Genf auch unter das Blech schauen lässt.

Jedoch schlägt die Vernunft hier und da auch bei PS-starken Modellneuheiten durch. Der sportliche Mercedes-Ableger AMG betritt mit dem A45 in der Kompaktklasse Neuland. Von Audi ist nach einer Vorserie nun die endgültige Version des S1 auf Basis des Kleinwagens A1 zu erwarten. Alfa Romeo stellt dem Sportwagen 8C mit dem 4C einen kleinen und damit günstigeren Bruder zur Seite. Und selbst die sonst so nüchternen Koreaner lassen die Muskeln spielen: Kia tritt mit dem 150 kW/204 PS starken Cee'd GT erstmals gegen Golf GTI und Co. an.

Auf der Schweizer Messe werden aber nicht nur neue Automodelle ihren Einstand geben, sondern auch einen neue Marke: Qoros heißt die chinesische Firma, deren kompakte Limousine GQ3 aber vor allem in Deutschland entworfen und in Österreich entwickelt wurde. „Das macht Qoros zum ersten ernstzunehmenden Kandidaten aus China, der vor dem Sprung nach Europa steht“, sagt Tobias Keil, der wie Christian Kleinhans beim Beratungsunternehmen Berylls in München tätig ist.

Über alle Marken und Segmente hinweg werden auf dem Genfer Autosalon auch aktuelle Technologietrends Thema sein. Dazu zählt für Branchenbeobachter wie Stefan Bratzel besonders der zunehmende Einfluss elektronischer Assistenzsysteme aufs Fahren: „Ob wir es wollen oder nicht: Viele Neuheiten im Jahr 2013 werden uns der Vision vom autonomen Fahren wieder ein Stück näher bringen“, so der Experte.

Das Thema Elektromobilität werde auf der Messe bestenfalls noch am Rande eine Rolle spielen, glaubt Bratzel: „Die Euphorie ist der Ernüchterung gewichen.“ Deshalb falle die Branche aber nicht in die Bedenkenlosigkeit früherer Jahre zurück, sondern konzentriere sich statt auf reine Akkuautos mehr auf Plug-in-Hybride mit kombiniertem Antrieb und recht großer Reichweite im rein elektrischen Modus. Auch greifen laut Bratzel viele Hersteller verstärkt auf bereits bekannte Spartechnologien wie den Gasantrieb zurück. „Denn solange die Spritpreise weiter steigen, stehen sparsame Autos hoch im Kurs.“