Aus Freude am Teilen - Der langsame Erfolg des Carsharings

Berlin (dpa) - Ein Vierteljahrhundert ist Carsharing in Deutschland alt, doch erst seit wenigen Jahren steigen die Kundenzahlen sprunghaft. Gerade für junge Menschen muss es eben nicht mehr das eigene Auto sein.

Ein wichtiges Argument sind die geringen Kosten.

Seinem Nachbarn den Wagen mal ausleihen - das kannte man schon, als 1988 mit der Agentur Stadt-Auto in Berlin ein Geschäftsmodell daraus wurde. In anderen Ländern wie Australien gab es das schon, in Deutschland war es neu: Ein Unternehmen kauft an einem Ort einen Fuhrpark und wirbt Mitglieder, die zeitweise mit den Autos fahren.

25 Jahre nach den Anfängen scheint Carsharing nun richtig in Schwung zu kommen. Seit 2011 gibt es einen sprunghaften Anstieg bei der Zahl von Fahrzeugen und Nutzern. Von gut 200 000 auf mehr als 450 000 kletterte die Mitgliederzahl nach Angaben des Bundesverbandes Carsharing (BCS). Ihnen standen Anfang 2011 weniger als 5000 Autos zur Verfügung, zwei Jahre später waren es schon 11 250.

Die Gründe dafür sind sowohl bei den Nutzern als auch bei den Angeboten zu finden, wie sich bei einer Konferenz des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Berlin zeigte. Die Angebote werden vielfältiger, die Auswahl für Autofahrer entsprechend größer. Junge Erwachsene sehen das Auto nicht mehr als Statussymbol, es verliert bei ihnen an Bedeutung.

„Und ein paar Sorgen hab' ich beim Carsharing nicht: Ich muss zum Beispiel nicht zum TÜV“, sagt VCD-Experte Gerd Lottsiepen. Um Wartung und Reparaturen muss sich der Autonutzer auch nicht kümmern. 300 Euro bis 400 Euro, die man pro Monat für ein eigenes Auto aufwenden müsse, sei für viele junge Leute überdies zu viel, ergänzt Stephan Lützkirchen, der für den Carsharing-Anbieter Multicity spricht.

Grundsätzlich zahlen die Nutzer beim Carsharing pro Fahrt einen bestimmten Betrag, zum Beispiel stunden- oder tageweise und nach gefahrenen Kilometern. Der Anbieter kalkuliert das so, dass ihm nach Abzug aller Kosten etwas übrig bleibt. Mit Elektroautos wollen sie umweltfreundlicher werden.

In Großstädten wie Berlin können Kunden sogar zwischen drei, vier oder mehr Carsharing-Modellen wählen. Nicht wenige Nutzer haben inzwischen mehr als eine Kundenkarte und steigen mal in den Mini der einen oder den Smart der anderen Firma.

Es lassen sich zwei Haupttypen unterscheiden: Bei dem einen müssen die Fahrer das Auto bei einer Station abholen und auch wieder bei einer Station abgeben. Bei dem anderen darf man das Auto innerhalb eines festgelegten Bereichs auf jedem legalen Platz abstellen. Gerade diese relativ neue Variante ist sehr beliebt: Ihre Kundenzahl wuchs nach BCS-Zählung innerhalb eines Jahres von 37 000 auf 183 000 (Anfang 2013).

Aber auch das Nachbarschaftsauto in einer professionell organisierten Form - übers Internet, mit Versicherung - ist wieder im Kommen. Darüber hinaus gibt es Angebote wie „Autonetzer.de“ aus Stuttgart. Dort kann man sich Fremde in der Nähe seines Wohnortes suchen, die ihr Auto für Stunden oder Tage vermieten. Der Vorteil: Die Chance, in einer kleineren Gemeinde ohne großen Anbieter ein freies Auto zu finden, sagt Firmenchef Sebastian Ballweg.

Einfach sei das Geschäft aber nicht. Das Unternehmen, von Investoren unterstützt, hat bislang deutschlandweit 4500 Fahrzeugbesitzer gefunden, die ihr Auto regelmäßig teilen. Rund 35 000 Mieter machen bei dem System mit. „Wir sind noch nicht in den schwarzen Zahlen“, sagt Ballweg. „Wenn es gut läuft, vielleicht im nächsten Jahr.“