Caravanbranche versucht den Sprung ins digitale Zeitalter
Stuttgart (dpa) - Wie die Autobauer versuchen die Caravan-Hersteller, ihre Fahrzeuge digital aufzurüsten. Kleine Helferlein, die man bereits von Zuhause oder aus dem Pkw kennt, werden verbaut. Offen ist, ob das tatsächlich neue Kunden bringt.
Mit mehr technischer Hilfe und Komfort versucht die Caravan-Branche, neue Kunden anzuwerben: Assistenzsysteme und Apps halten Einzug in Wohnwagen und Wohnmobile. Damit zielt die Branche vor allem auf ihre Stammklientel, die im Schnitt gut 60 Jahre alt ist.
Die Menschen, die sich für Camping-Urlaub mit dem Reisemobil oder Caravan interessieren, werden nach Ergebnissen des Instituts für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT) immer älter. Das stört die Branche (noch) nicht. „Die ältere Zielgruppe ist kaufkräftiger“, sagt Holger Siebert, Vorstandsmitglied beim Industrieverband CIVD.
Um ihr das Fahren zu erleichtern, rüsten die Hersteller vor allem Reisemobile mit kleinen Helferlein auf, die die Kunden auch aus dem Auto kennen. Spurhalteassistenten warnen den Fahrer, wenn er zu weit zur Seite abdriftet. Abstandswarner melden, wenn der Vordermann zu nahe kommt und Seitenwindassistenten lenken gegen, wenn eine Windböe das Gefährt auf die Nebenspur schiebt.
„Alles was den Komfort erhöht, gibt einen Anreiz“, ist Tim Rüttgers, Technologie-Experte vom CIVD, überzeugt. Darüber hinaus setzen manche Hersteller inzwischen auf Apps, um den Komfort ihrer Fahrzeuge zu erhöhen. In Wohnmobilen lassen sich Licht und Heizung vom Tablet aus steuern. Wohnwagen können mit Hilfe einer Fernsteuerung mit dem Smartphone eingeparkt werden.
Der Hersteller Knaus Tabbert stellt auf der Reisemesse Caravan Motor Touristik (CMT, 17. bis 25. Januar) in Stuttgart verschiedene Reisemobile vor, deren Haustechnik mit Hilfe von Apps gesteuert wird. Andere Hersteller zögern: „Für den Mainstream ist das noch zu teuer“, sagt Dominik Suter, Chef des zur Hymer-Gruppe gehörenden Herstellers Dethleffs. Außerdem werden im Ausland möglicherweise Roaming-Gebühren fällig.
Auch Hymer-Chef Jörg Reithmeier ist, was Apps für Wohnmobile angeht, noch zurückhaltend. Hymer habe auf dem Düsseldorfer Caravan Salon im Spätsommer Kunden befragt, um herauszufinden, wofür sie überhaupt Apps brauchen. „Wir wollen nur Dinge anbieten, die auch den Anforderungen der Kunden entsprechen“, sagt Reithmeier.
Bernd Wuschack, Vertriebschef beim Reisemobilhersteller Carthago, glaubt nicht, dass man sich mit Hilfe solcher Details neue Kundengruppen erschließen kann. Vor allem das jüngere Publikum müsse man anders ködern: „Da geht es darum, die Reiseform alternativ in Szene zu setzen.“ Paketlösungen mit Mietfahrzeugen, die es Einsteigern erleichtern, erste Erfahrungen zu sammeln, hält er für die bessere Lösung. Vor allem jüngere Kunden würden mit Dienstleistungen um das Thema Caravaning herum und nicht mit den eigentlichen Gefährten gelockt, stimmt CIVD-Vorstand Siebert zu. Etwa ein Drittel der verkauften Fahrzeuge gehen in die Vermietung.
Die Hymer-Gruppe, zu der auch die Marke Dethleffs gehört, hat deshalb eine Art Facebook für Camper eingerichtet. Freeontour.com heißt die Seite, wo sich Wohnmobil-Urlauber und Menschen mit Faible für Wohnwagen über die besten Routen austauschen könne. „Wir müssen die Urlaubsform verkaufen und nicht die Fahrzeuge“, sagt Dethleffs-Chef Suter. Kleiner Schönheitsfehler: „Die aktivsten Communities sind die Älteren“, sagt Hymer-Chef Reithmeier.