Das Warten auf die Brennstoffzelle

Stuttgart/Berlin (dpa/tmn) - Sie ist leise, stark und sauber: Die Brennstoffzelle wäre der ideale Antrieb fürs Auto. Wenn es nur schon eine Infrastruktur für Wasserstoff gäbe. Mittlerweile ist die Technik zwar so gut wie serienreif - aber die Markteinführung bleibt offen.

In einer Mercedes B-Klasse fährt sie gerade einmal um die Welt, durch Berlin rollt sie in Testfahrzeugen von Volkswagen und Chevrolet: Die Rede ist von der Brennstoffzelle. Jener alternative Autoantrieb, der Wasserstoff in Strom für Elektromotoren umwandelt und dabei als einziges Abgas kleine Wölkchen Wasserdampf ausstößt. Doch noch immer ist diese Technik Zukunftsmusik. „Die Chancen auf einen baldigen Serienstart sind eher gering“, heißt es beim ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Als Gründe dafür nennt Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher des VCD, die mangelnde Infrastruktur an Tankstellen und vor allem die Frage, wie der Treibstoff umweltverträglich produziert werden soll. Denn für die Herstellung von Wasserstoff ist sehr viel Energie nötig.

Immerhin haben die Autohersteller nach mehr als zwei Jahrzehnten Forschungsarbeit jetzt offenbar die Antriebstechnologie im Griff: Die Brennstoffzelle selbst, die bei der sogenannten kalten Verbrennung Wasserstoff durch Membranen leitet, in denen dann Strom und Wasserdampf entstehen, passt in einen Mittelklassewagen. Außerdem lasse sie sich in nahezu allen Temperaturbereichen betreiben, sagen Unternehmen wie Mercedes, Honda oder Kia.

Die Fahrleistungen entsprechen den Herstellern zufolge nahezu denen von konventionell angetriebenen Autos, die Reichweite liegt bei vielen hundert Kilometern. Und bezahlbar wäre der Brennstoffzellen-Antrieb auch: „Bei entsprechender Stückzahl lägen wir auf dem Niveau eines Fahrzeugs mit Diesel-Hybrid“, sagt Daimler-Projektmanager Christian Mohrdieck.

Angesichts dieser Entwicklung werden die Autohersteller zusehends optimistischer und konkreter: „Spätestens 2015 haben wir die ersten Fahrzeuge mit Brennstoffzelle auf dem Markt“, hatte Toyota-Chef Akio Toyoda im Januar auf der Motorshow in Detroit angekündigt. „Unsere Autos sind startklar“, erklärte auch Daimler-Chef Dieter Zetsche mit Blick auf eine umgerüstete B-Klasse, die gerade auf Welttournee ist. Der Testwagen leistet 100 kW/136 PS und schafft Tempo 170.

Größter Vorteil der Brennstoffzelle im Vergleich zu einem batteriebetriebenen Elektroauto ist neben dem meist doppelt so großen Aktionsradius der kurze Tankstopp: „Reichweiten von mehr als 400 Kilometern sind für diese Fahrzeuge kein Problem. Anschließend müssen sie nur für ein paar Minuten an eine Wasserstoff-Zapfsäule, statt stundenlang an eine Steckdose“, sagt Honda-Experte Thomas Brachmann.

Es gibt aber kaum Tankstellen, die Wasserstoff im Ausschank haben: In Deutschland stehen weniger als ein Dutzend öffentlich zugängliche Zapfsäulen für das Edelgas. Weltweit dürften es knapp 100 sein, schätzen die Brennstoffzellen-Entwickler. Deshalb ist Zetsches Optimismus nicht ungebremst: „Was fehlt, ist nur die Infrastruktur für den Wasserstoff“, schränkt der Daimler-Chef ein.

Besserung wurde durch die Politik zwar immer wieder versprochen, ist aber noch nicht in Sicht. So hatte der damalige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee 2009 als Ziel den „Aufbau einer möglichst flächendeckenden Versorgung mit Wasserstoff in Deutschland“ angekündigt, „um 2015 die serienmäßige Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen zu ermöglichen“. Viele neue Tankstellen sind seitdem aber nicht hinzugekommen.

Stattdessen richten Politik und Industrie ihr Interesse verstärkt auf Elektrofahrzeuge, die den Strom nicht an Bord erzeugen, sondern in einem Akku speichern. Das ist in den Augen von VCD-Sprecher Lottsiepen womöglich auch die vernünftigere Alternative: „Denn die Herstellung von Wasserstoff ist bislang so energieaufwendig, dass man den Strom besser gleich in den Akku packt, statt ihn für die Treibstoffproduktion zu verwenden.“ Als Beleg führt er eine Analyse des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg an: Der Untersuchung zufolge benötigt man für 100 Prozent Energie auf der Straße beim akkubetriebenen E-Auto derzeit etwa 150 Prozent und beim Brennstoffzellenauto 600 Prozent Ausgangsenergie.

Dennoch räumt Lottsiepen der Technik gewisse Erfolgsaussichten ein: „Zum Beispiel in Lkw und Bussen, wo die Batterie viel zu groß, zu schwer und zu teuer wäre - da könnte es mit der Brennstoffzelle irgendwann mal etwas werden.“ Allerdings hängt der Erfolg für ihn noch an einem weiteren entscheidenden Faktor: dem Ölpreis. Solange konventionelle Kraftstoffe noch immer vergleichsweise billig seien, habe diese Alternative keine Chance.