DVR-Experte im Gespräch: Welche Fahrassistenten wichtig sind
Bonn (dpa/tmn) - Ob Kleinwagen oder Luxusmodell: Beim Neuwagenkauf können Kunden oft eine ganze Armada von Fahrerassistenzsystemen dazubestellen. Verkehrssicherheitsexperte Welf Stankowitz erklärt, wo Unentschlossene am besten Kreuzchen in der Ausstattungsliste machen.
Ob Notbremssystem, Spurhalteassistent oder Einparkhilfe: Wer genug Geld mitbringt, kann die meisten Neuwagen mit jeder Menge Sicherheitsextras ausstatten. Selbst für Kleinwagen ist das Angebot an Fahrerassistenzsystemen mittlerweile groß, und in der Luxusklasse sowieso. Doch welche Systeme sind wirklich wichtig? Welf Stankowitz vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat einen klaren Favoriten: „Der Notbremsassistent mit Fußgängererkennung“, sagt der Referatsleiter Fahrzeugtechnik.
„Dieses System hat von allen aktuell verfügbaren Fahrerassistenten mit das größte Potenzial, die Zahl der Verkehrstoten zu senken“, erklärt Stankowitz, warum er einer Notbremse, die im Stadtverkehr auch auf plötzlich vor dem Wagen aufkreuzende Passanten reagiert, immer Vorfahrt geben würde. „Von den 1115 Menschen, die im Jahr 2011 in Deutschland innerorts bei Verkehrsunfällen getötet wurden, sind 428 als Fußgänger überfahren worden - das ist ein enorm großer Anteil“, betont der DVR-Experte.
Aber auch ohne Fußgängererkennung, die noch nicht alle Hersteller anbieten, zählen Notbremsassistenten laut Stankowitz zu den sinnvollsten Extras auf dem Automarkt. Mit ihnen ließen sich viele Auffahrunfälle verhindern oder deren Schwere deutlich mindern. „Wer häufig im Stadtverkehr unterwegs ist, kann damit zumindest das Risiko ärgerlicher Blechschäden deutlich verringern.“
Weitere wichtige Fahrerassistenzsysteme seien „alle, die irgendwie die Sicht verbessern“, so Stankowitz. „Dazu zählen zum Beispiel Fernlichtautomatik, Kurvenlicht - aber vor allem Xenon-Scheinwerfer, die das Umfeld vor dem Auto besonders gut ausleuchten.“ Mit zunehmendem Alter benötigten Fahrer immer besseres Licht am Wagen, um sicher unterwegs zu sein: „Das Sehvermögen bei Dunkelheit lässt ab dem 20. Lebensjahr kontinuierlich nach, ohne dass man das bemerkt. Zum Beispiel können mit der Zeit Grauabstufungen im Dunkeln schlechter wahrgenommen werden, das ist ganz normal.“
Technik zur Verbesserung der Sicht sollte daher auf jeden Fall Priorität vor reinen Komfortsystemen wie Einparkautomatik, Berganfahrhilfe oder Verkehrszeichenerkennung haben, sagt Stankowitz. Reiche das Budget beim Autokauf noch für einen Assistenten zur Spurhaltung und einen Abstandstempomat, seien Kunden damit besser beraten.
Das vielversprechendste Fahrerassistenzsystem der näheren Zukunft ist nach Ansicht des Fachmanns die Notbremsautomatik, die komplette Kreuzungen überwacht - „also auch auf Querverkehr achtet und nicht nur auf den Bereich direkt vor dem Auto“. Erstmals wird so ein System ab Sommer in der neuen Mercedes S-Klasse erhältlich sein.
„Es gibt zwar bislang noch keine Statistik darüber, in welchem Maße Fahrerassistenzsysteme in Pkw zur Verkehrssicherheit beitragen - dafür aber Erkenntnisse für Lkw und Busse“, sagt Stankowitz. „Mit Assistenzsystemen haben diese Fahrzeuge 34 Prozent weniger Unfälle als ohne“, erläutert er unter Berufung auf Untersuchungsergebnisse des Bundesverbands Güterkraftverkehr und Logistik und der Berufsgenossenschaft Verkehr. „Dass die Technik auch bei Pkw einen positiven Effekt auf die Unfallsicherheit hat, steht deshalb außer Zweifel.“