Lifestyle für das Land des Lächelns - Neuheiten aus Shanghai
Shanghai (dpa/tmn) — Auf den Straßen von Shanghai dominieren die Limousinen. Doch auf der dortigen Automesse zeigen die Hersteller vor allem Lifestyle-Modelle: Gerade die deutschen Aussteller sind mit neuen Geländewagen in ungewöhnlichen Formaten nach China gereist.
Limousinen prägen das Straßenbild in China: Egal ob in Shanghai oder Peking, das klassische Stufenheck ist für die Mehrheit der Autofahrer das Mittel der Wahl - noch. Denn im Reich der Mitte vollzieht sich derzeit ein schneller Wandel. Obwohl bereits größter Automarkt der Welt, geht die Entwicklung rasant weiter. Und der Kundengeschmack wird vielfältiger: Die Chinesen entdecken zusehends den Reiz des Ungewöhnlichen und verlangen nach anderen Autos. Die Reaktion der PS-Branche lässt da nicht lange auf sich warten. Mehr denn je setzen die Importeure bei der Autoshow in Shanghai (21. bis 29. April) auf Lifestyle.
Mit Nischenmodellen preschen vor allem die Anbieter aus Deutschland vor. In Shanghai starten sie eine neue SUV-Offensive und wollen ihr Modellangebot mit Varianten ergänzen. BMW zeigt zum ersten Mal den X4, der als Mischung aus SUV und Coupé den Erfolg des luxuriösen X6 in die Allrad-Mittelklasse tragen soll. Mercedes setzt zwei Segmente tiefer an und bockt die A-Klasse zum Geländewagen GLA auf. Und VW zeigt mit dem fast fünf Meter langen CrossBlue Coupé, wie groß und doch schnittig ein Geländewagen sein kann.
Während die Bayern und Schwaben die Serienversionen ihrer Studien für 2014 ankündigen, halten sich die Niedersachsen noch zurück: „Wir werden künftig von den ganz kleinen bis zu den ganz großen fünf verschiedene Geländewagen-Baureihen anbieten.“ Mehr war VW-Sprecher Pietro Zollino nicht zu entlocken. Beginnen soll die SUV-Offensive bei VW 2015 oder 2016. Dann könnte es auch ein großformatiges Tiguan-Coupé mit dem Styling der Shanghai-Studie geben. Das Messestück fährt mit einem der modernsten Antriebe von VW: einem Plug-in-Hybrid mit V6-Benziner und zwei E-Motoren, der auf eine Systemleistung von 305 kW/415 PS kommt. Normverbrauch: 3,0 Liter (CO2-Ausstoß: 71 g/km).
Auch Citroën zeigt auf der Messe einen Allradler. Das Concept Car heißt Wild Rubis und hätte mit seinem noblen Design und einer Länge von knapp fünf Metern das Zeug zum neuen Flaggschiff der DS-Reihe. „Nächstes Jahr geht das Auto in Serie“, sagt Entwicklungschef Pierre Monferrini. Ausgegrenzt werden die Europäer: Der Geländewagen mit Hybridtechnik und elektrischer Hinterachse wird in China gebaut und sei vorerst nicht für den Export vorgesehen.
Neben den SUVs könnten in China auch die Großraumlimousinen ein Hit werden. In Europa wird diese Fahrzeuggattung gerade von den Crossover-Modellen verdrängt. In Shanghai dagegen zeigen gleich drei japanische Hersteller entsprechende Studien, die betont sportlich und futuristisch sind. Die größte Nähe zur Serie hat das Honda Concept M im Format des europäischen VW-Bus, das bereits in einem Jahr auf die Straße kommen soll. Der Toyota FT-HT mit Hybridantrieb und riesigen Schmetterlingstüren hingegen ist genauso visionär wie der rasante Nissan Friend-ME — zu kaufen wird es sie wohl nicht geben.
Trotz des Trends zu Nischenmodellen ist das Stufenheck aber längst nicht abgemeldet. Im Gegenteil: Jeder größere chinesische Hersteller hat auch einen neuen Viertürer ins Rampenlicht gerückt. Und auch die ausländischen Autobauer wären schlecht beraten, den Status quo nicht zu bedienen. Neben asiatischen Studien - vom eher gewöhnlichen Hyundai Mistra über den dynamischen Kia Horki-1 bis hin zum betont sportlichen Suzuki Authentic S - gibt es auf der Messe eine ganze Reihe neuer Serienmodelle aus europäischer Produktion zu sehen.
Audi präsentiert den A3 mit gestuftem Heck, Skoda den aufgefrischten Superb und Maserati den neuen Ghibli als kleinen Bruder des Quattroporte. Bei Mercedes streckte man eigens für den chinesischen Markt die E-Klasse um 14 Zentimeter. Die vielleicht überraschendste China-Neuheit ist allerdings ein alter Bekannter — zumindest dem Namen nach: Ford plant einen neuen Escort.
Offiziell ist der Wagen - gedacht als Antwort auf VW-Modelle wie Lavida und Sagitar oder den als Buick verkauften Opel Astra mit Stufenheck - nur eine Studie. Doch seine Markteinführung in China ist nicht unwahrscheinlich. Dass er nach Europa kommt, schließt Deutschlandsprecher Isfried Hennen aber aus.
Wie wichtig der Automarkt in China auch den Importeuren mittlerweile ist, belegt einmal mehr Porsche: In Shanghai präsentieret der Hersteller gleich drei Neuerungen beim Flaggschiff Panamera. In den Messehallen steht nicht nur die Faceliftversion und eine Plug-in-Hybrid-Variante, sondern auch eine um 15 Zentimeter gestreckte Langversion, die sich auch als Chauffeur-Wagen eigenen soll. „Dieses Auto haben wir gezielt für den chinesischen Markt konstruiert“, sagt Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz.
Auch wenn dieser Panamera Executive weltweit vermarktet wird, bestätigt er doch einen Trend, der zunehmend auch die Arbeit bei Mercedes, VW oder Audi beeinflusst: Die Wünsche der Kunden in Shanghai und Peking werden immer wichtiger und immer ernster genommen. Ein hochrangiger Vertriebsmanager aus Deutschland sagt: „Die Chinesen stellen bei vielen Premiummarken mittlerweile die größte Kundengruppe. Da wären wir schlecht beraten, uns nicht an deren Bedürfnissen zu orientieren.“