Mehr als Gas geben: Motorsport für Jedermann
Oberlungwitz (dpa/tmn) - Rennen fahren? Auf öffentlichen Straßen ein illegaler Zeitvertreib. Doch Hobby-Piloten können auf Rundstrecken auf die Tube zu drücken. Selbst der Einstieg in den richtigen Motorsport ist nicht so schwierig - allerdings auch nicht ganz billig.
Sanft beschleunigen und wieder sacht abbremsen: Defensiv fahren und immer mit allem rechnen, so hat es jeder in der Fahrschule gelernt. Dagegen herausfinden, wo die Grenzen des eigenen Autos liegen? Das ist meist gefährlich und mit steigendem Tempo schnell auch illegal. Dumm nur, dass viele Autos Motoren und Fahrwerke haben, die viel mehr können, als es ihnen ein vernünftiger Fahrer je auf der Straße abverlangt. Da kommt schnell die Verlockung auf, einmal alles ausreizen, was im Wagen steckt. Möglichkeiten dazu gibt es in Deutschland einige - zum Beispiel auf den Rennstrecken der Republik.
So bieten die Betreiber der meisten Kurse sogenannte „Tracks Days“ an. Das sind Tage, an denen Fahrer auf der Strecke freie Bahn haben, ohne Tempolimits und Gegenverkehr. Am Sachsenring zum Beispiel werden für einen Tag 370 Euro verlangt. Wer mitfahren will, braucht ein Auto mit Straßenzulassung, einen Helm und selbstredend einen gültigen Führerschein. Voraussetzung ist auch, dass der Hobby-Pilot mindestens ein Rennstreckentraining absolviert hat.
„Es geht ja nicht nur ums Gas geben“, erklärt Ruben Zeltner, der Geschäftsführer des Verkehrssicherheitszentrums Sachsenring. „Sondern man muss auch wissen, wie der Wagen auf der Rennstrecke reagiert und wo die Grenzen liegen.“ In den Übungsstunden fahren die Instruktoren zunächst auf dem Beifahrersitz mit. Danach führen sie über eine Funkverbindung im eigenen Wagen die Kolonne der Neulinge an.
Für viele sind solche Fahrten aber nur ein Einstieg in den richtigen Rennsport. Michael Kramp vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) fallen gleich mehrere Serien ein, die sich für Einsteiger eignen. Etwa Auto-Slaloms, bei denen Teilnehmer einzeln einen Kurs abfahren, Überholen verboten ist und nur die beste Zeit zählt. Oder die Rundstrecken-Challenge auf dem Nürburgring. „Dort gibt es eine Gleichmäßigkeitswertung“, erklärt Kramp. „Man setzt eine Zeit und muss die in den folgenden Runden immer wieder möglichst exakt erreichen.“
In der Kategorie „Serienfahrzeuge“ der Rundstrecken-Challenge fahren die Autos bis auf die Nachrüstung von Sicherheitstechnik fast so, wie sie als Neuwagen aus dem Werk kamen - ohne Modifikationen. Rennreifen sind erlaubt, aber kein Tuning an Radaufhängungen, Aerodynamik oder Motor. Dafür darf man zu zweit im Auto sitzen. Das ist mit Blick auf die Kosten nicht unerheblich. Denn Geld kostet Motorsport in jedem Fall.
So bewegen sich die Startgelder in der Regel im dreistelligen Bereich. Schließlich muss die Strecke mit viel Personal vorbereitet und abgesichert werden. Hinzu kommt eine Lizenz, um Rennen fahren zu dürfen. Die kleinste Variante, die nationale C-Lizenz, gibt es für 20 Euro. Für die nächste Stufe, die A-Lizenz-Prüfung mit vorangegangenem Lehrgang werden schon mehrere 100 Euro fällig. Die Kosten in die Höhe treibt auch derjenige, der sich gegen Rennunfälle absichern möchte. Die Prämien der Zusatzversicherungen sind sehr hoch.
DMSB-Sprecher Kramp fällt auch eine Variante des Rennsports ein, die einem Pauschalangebot gleich kommt: Der Chevrolet-Cruze-Cup, bei dem für 16 000 Euro die ganze Saison in Leihfahrzeugen mitgefahren werden darf. Wer in der Lage ist, den Mechanikern beim Schrauben zu helfen, darf die zehn Rennen auf unterschiedlichen Strecken in Deutschland und im benachbarten Ausland bestreiten. 140 PS haben die Kompaktlimousinen in Rennausstattung. Um Spaß zu haben, reicht das locker aus.
Dagegen ist der Sieg bei der Youngtimer Trophy nur mit richtig dickem Portemonnaie möglich. In der Serie fahren Autos, die bis 1988 homologiert wurden, also von ihren Herstellern für Rennen zugelassen wurden. Mitorganisator Stefan Eckhardt berichtet von Siegerautos, in denen mehr als 200 000 Euro stecken. Wer auf den Gewinn der Trophy verzichtet, kann mit weniger hohem finanziellen Aufwand dabei sein. „Bei uns kann man sich für vier- bis sechstausend Euro einen Wagen aufbauen, mit dem man mitfahren kann.“ Viele Modelle der 1980er Jahre sind als Gebrauchtwagen billig zu haben. Und Ersatz- und Tuningteile gibt es für sie in Hülle und Fülle. 3er BMW, Golf I und II oder auch Porsche 924 bilden eine günstige Basis für die Teilnahme.
Und wenn dann nach dem Einbau von Überrollkäfig, Schalensitzen, Renngurten und Sicherheitstank noch Geld übrig ist? „Zuerst sollte man sich Sportreifen kaufen“, rät Ruben Zeltner, der selbst in der Deutschen Rallye-Meisterschaft aktiv ist. „Denn reine Straßenreifen werden auf der Strecke oft zu heiß.“ Danach erst seien Verfeinerungen an Fahrwerk und Motor an der Reihe.