Nächster Schritt auf dem Weg zum Autopiloten
Ulm (dpa) - High-End-Ausstattung: Forscher und Entwickler der Automobilindustrie arbeiten an immer intelligenteren Fahrzeugen. Fahrerassistenzsysteme warnen bei Gefahren im Verkehr, einige greifen heute schon selbsttätig ein.
Er regelt auf der Autobahn Tempo und Abstand zum Vordermann, wechselt eigenständig die Spur und überholt: Als Prototyp gibt es den sogenannten Autobahnpiloten schon, sagt Stefan Hahn, Leiter des Daimler-Forschungszentrums Ulm. Der Automobilhersteller setzt dabei auf ein Zusammenspiel verschiedener Sensoren. Einst galt das Anti-Blockier-System als revolutionär, heute gibt es gegen Aufpreis eine Vielzahl von Assistenzsystemen. Experten raten, genau zu prüfen.
Der Trend geht immer mehr in Richtung automatisierte Systeme. Bereits jetzt übernimmt der Bordcomputer in bestimmten Situationen Fahraufgaben. Zu den bekannten Assistenzsystemen der Gegenwart gehören etwa der Spurhalte- und der Notbremsassistent. In diesem Jahr bekommen die neu erscheinenden Mercedes-Benz E- und S-Klassen einen Verkehrszeichen-Assistenten gegen Geisterfahrer. Nach und nach solle es das auch für andere Baureihen geben, heißt es bei Daimler.
„Die größte Änderung ist, dass die Funktionen in intelligenten Autos heute vom Kunden erwartet werden“, sagt Hahn über den Wandel der Bedürfnisse der Autofahrer. 40 Prozent der Deutschen wollen, dass ihr Auto bei Bedarf die Kontrolle über Lenkung, Gas und Bremse übernimmt und autonom fährt. Das ergab eine Meinungsumfrage der US-Firma Computer Sciences Corporation unter 1000 Bundesbürgern.
Das Geschäft mit Sicherheit und Komfort im Verkehr ist für viele in der Autoindustrie ein Wachstumsfeld. Kürzlich eröffnete der Zulieferer Continental ein Entwicklungszentrum für Assistenzsysteme in Ulm, ganz nah zu den Forschungsstätten einiger Hersteller, mit denen Conti auch gemeinsam entwickelt. Bei manchen Zukunftsprojekten wie der Vernetzung von Autos untereinander arbeiten die Hersteller zusammen.
Die meist optionalen Systeme sollen die Sicherheit erhöhen, aber auch den Fahrer in lästigen Situationen wie beim Parken entlasten. 2015 soll ein Stauassistent in Serie gehen, heißt es bei Continental.
Aus Sicht des Zulieferers Bosch werden sich die ausgeklügelten Assistenzsysteme auch bei Kleinwagen stärker verbreiten. „Angesichts der Nachfrage und der immer kostengünstigeren und leistungsfähigeren Technik werden die Hersteller die Chance nutzen, sich damit im Wettbewerb zu differenzieren“, erklärt Gerhard Steiger, Vorsitzender des Geschäftsbereichs Chassis Systems Control bei Bosch.
„Unser Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren eine Milliarde Euro Umsatz in diesem Geschäftsbereich zu erreichen“, sagt Continental-Vorstand Ralf Cramer. Der Umsatz bei Assistenzsystemen sei in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Unsere Vision ist Vision Zero“, sagt Standortleiter Jens Brüning und meint damit null Unfälle.
Der Automobilclub ADAC hält Fahrerassistenzsysteme grundsätzlich für wichtig und richtig. „Klar ist aber, sie assistieren nur, sprechen uns aber nicht die eigene Verantwortung und Leistung am Steuer ab“, sagt Reimund Elbe vom ADAC-Regionalclub Württemberg. Es komme auch darauf an, die Funktionen und Grenzen der angebotenen Systeme gut zu kennen.
Gemeinsam mit Daimler entwickelte Continental eine Stereo-Kamera, die auf eine Entfernung von bis zu 50 Metern zum Beispiel Fußgänger erkennt. Bei Gefahr wird der Fahrer gewarnt und bei fehlender Reaktion eine Vollbremsung ausgelöst. Die Stereo-Kamera erfasst das Umfeld präziser und schneller als eine Mono-Version. Wie der Mensch, kann aber auch die Zwei-Augen-Kamera nicht durch Nebel gucken.
Continental sieht bis 2025 vollautomatisierte Systeme kommen - das Auto übernimmt dabei die volle Kontrolle. Derzeit muss nach deutschem Gesetz der Fahrer bei allen Assistenzsystemen am Steuer sitzen und die Situation ununterbrochen überwachen. Anfang der 1990er fuhren erste autonome Forschungsfahrzeuge von Daimler auf Autobahnen, sagt Hahn. „Das war damals eher exotische Forschung, heute ist es Mainstream.“