Noch kleiner bitte! Autobauer überdenken Motorgrößen
Hannover (dpa) - Kleine, aber starke Motoren gibt es längst. 1984 holte Niki Lauda den Formel-1-Titel mit einem Antrieb, der aus nur 1,5 Litern Hubraum 850 PS herauskitzelte. Rund 30 Jahre später wird das Prinzip „Klein, aber oho“ relevant für alle deutschen Autobauer.
Früher, in den „guten alten Zeiten“ mit billigem Sprit und ohne Abgas-Vorschriften, da war die Welt für Fans großer Motoren noch in Ordnung. Die Automobilisten fachsimpelten an der Zapfsäule über das seidenweiche Surren eines „Reihensechsers“ oder über „Laufruhe“ und „Motorenkultur“. Jahrzehnte ging das so - und die deutschen Hersteller im Land der Autobahnen ohne Tempolimit definierten sich nicht zuletzt über Motoren. Die Zeiten sind vorbei.
Im Paradies des einstigen PS-Wettrüstens und der Hubraum-Prahlerei herrscht Katerstimmung. CO2-Vorgaben der EU schreiben den Herstellern bis aufs Gramm vor, was bei ihren Flotten in den nächsten Jahren noch aus den Auspuffrohren quellen darf. Als Reaktion darauf gibt es neben dem Leichtbau nur eine zentrale Antwort: weniger durstige Motoren.
Downsizing nennt das die Branche - eine Nummer kleiner muss es sein. Und da gibt es viel zu tun. Laut der Vorgabe aus Brüssel dürfen die Flotten der Hersteller im Jahr 2021 im Schnitt höchstens 95 Gramm pro Kilometer ausstoßen. Wie es um die CO2-Bilanzen bisher bestellt ist, untersucht das Beratungsunternehmen PA Consulting regelmäßig. Jüngster Stand: Während etwa Hybrid-Vorreiter Toyota 2021 unter seinem EU-Grenzwert bleiben dürfte, drohen die deutschen Autobauer die Ziele zu verfehlen. Das könnte je nach Zahl der verkauften Autos Strafen im hohen Millionen- oder gar Milliardenbereich bedeuten.
Und so treibt der Sparzwang erstaunliche Blüten. „In Zukunft werden wir nur noch einen Motor haben, und zwar einen Vierzylinder“, sagt Volvo-Chef Hakan Samuelsson. Die Schweden, wohlgemerkt, sind ein Premiumhersteller und konkurrieren mit BMW, Mercedes und Audi. Volvo setzt auf die Aufladung von Motoren. Dabei werden die Verbrenner gewissermaßen zwangsbeatmet: Anstatt die Luft anzusaugen, wird sie hineingedrückt. Das erhöht die Leistung und erlaubt weniger Hubraum.
„Wir haben das schon mit einem Prototypen demonstriert: 450 PS mit zwei Litern Hubraum“, sagt Samuelsson. Potenzial stecke zudem in der elektrischen Aufladung. „Damit wird ein Drehmoment möglich wie in einem Achtzylinder, da merkt man keinen Unterschied mehr“, meint der Volvo-Chef. Und das Aufladen gehe nicht auf Kosten der Haltbarkeit.
Die Schweden arbeiten auch am noch kleineren Dreizylinder. Was lange nur bei Kleinwagen wie dem VW Up oder Smart von Daimler eine Option schien, kommt nun in der Oberklasse an. Bei BMW ist der Motor schon Realität - etwa als Kombinationen mit einem Elektroantrieb. So hat der Elektro-Sportwagen i8 neben seiner Batterie-Maschine nur drei Zylinder unter der Haube - zusammen kommt der Hybrid so auf 362 PS.
Auch die Sportwagenschmiede Porsche brütet angesichts der CO2-Vorgabe längst über der Frage nach der nötigen Verkleinerung. „Wir können uns dem Thema nicht entziehen“, sagt Porsche-Chef Matthias Müller. Die VW-Tochter drückte ihren CO2-Ausstoß 2014 laut einer Studie von Autoexperte Stefan Bratzel von der FH Bergisch-Gladbach erstmals knapp unter 200 Gramm je Kilometer. Bis 2021 müsste es noch einmal die Hälfte weniger sein - doch Porsche kann seine Werte innerhalb des VW-Konzerns mit anderen Marken ausgleichen. Trotzdem steht Downsizing auch auf der Agenda der Schwaben - laut Müller aber vor allem für die kleinen Brüder des Porsche-Flaggschiffs 911er, Boxster und Cayman. Für sie könnten in nächster Generation Vierzylinder eine Option sein.
Und beim 911er selbst? „Man soll ja nie nie sagen“, meint Müller. Jedoch werde die turnusmäßige 911er-Auffrischung Ende 2015 noch am Sechszylinder festhalten. Danach müsse man aber „das ganze Spektrum der Möglichkeiten betrachten“. Übrigens: Porsche lieferte McLaren in den 1980er Jahren das damals erfolgreichste Formel-1-Triebwerk, mit dem Niki Lauda 1984 Weltmeister wurde. Der doppelt aufgeladene Motor kitzelte damals aus seinen nur 1,5 Litern Hubraum 850 PS heraus. Neben der Aufladung ist auch die sparsame Benzindirekteinspritzung ein Trend, dessen Technik Bosch bereits 1951 auf den Markt brachte.
Zusätzlich zum Downsizing ist auch Gewichtsreduzierung eine Antwort auf strengere CO2-Regeln. Audi konnte bei seiner neuen Generation des Q7-SUV mehr als 300 Kilogramm Gewicht rausnehmen. Auch Daimler setzt in seinen neuen Modellen auf Leichtbau, BMW verbaut in einigen Karosserien sogar im großen Stil den Leichtmacher-Werkstoff Karbon.
Das Dumme für die Hersteller: Ihren Sparbemühungen laufen zwei Trends zuwider. Denn der Kunde mag es wieder etwas größer um sich herum und sitzt auch gerne ein wenig erhöht. Deswegen sind SUVs in Geländewagen-Optik der Renner - allerdings sind sie wegen ihres hohen Gewichts und der schlechteren Windschnittigkeit auch die größten Spritschlucker. Und der derzeitige Einbruch beim Spritpreis macht diese Exemplare für Autofahrer derzeit besonders interessant.