Spätzünder: Hersteller setzen wieder auf die Brennstoffzelle

Tokio (dpa/tmn) - Das sind Abgase, wie sie selbst Klimaschützer gerne sehen: Zwar hüllt sich der neue Honda Clarity bei der ersten Testfahrt in eine dicke weiße Wolke. Doch was da aus dem Heck säuselt, ist Wasserdampf.

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Denn die futuristisch gezeichnete Limousine fährt mit einer Brennstoffzelle.

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Aus dem in Karbon-Drucktanks vor dem Kofferraum gespeicherten Wasserstoff erzeugt sie Strom für einen Elektromotor. Als einziges Abfallprodukt produziert sie chemisch reines Wasser, erläutert Thomas Brachmann aus der Entwicklungsmannschaft. Sein Chef Keiji Otsu nennt diese Technik den „Antrieb für eine saubere Zukunft“. Der Honda Clarity kommt im Frühjahr in den Handel.

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Bereits seit gut einem Jahr verkauft auch Toyota ein entsprechendes Auto und hat ihm die Mission sogar in den Namen geschrieben: „Denn Mirai heißt auf Japanisch nichts anderes als Zukunft“, sagt Projektleiter Yoshikazu Tanaka über die 4,90 Meter lange Limousine.

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Neben Honda und Toyota reklamiert auch Hyundai für sich, den Schritt in das neue Zeitalter bereits gemacht zu haben - und zwar sogar vor den Japanern. Denn die Koreaner verkaufen ihre Brennstoffzelle bereits seit 2013 und haben immerhin schon viele Hundert Autos auf der Straße. Allerdings steckt die Technik bei ihnen in einem umgerüsteten ix35, während Honda und Toyota dafür eigene Autos entwickelt haben.

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Dass die Brennstoffzelle im Prinzip eine gute Alternative zum Verbrenner ist, hat vor allem zwei Gründe, sagt Toyota-Manager Tanaka: „Anders als Mineralöl ist das Gas theoretisch unbegrenzt verfügbar. Und es lässt sich - ebenfalls in der Theorie - komplett CO2-neutral produzieren und verbrennen.“

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Emissionsfreie Mobilität ohne Angst um die Ressourcen könne zwar auch mit Strom funktionieren, räumt der Projektleiter ein. Doch erstens lässt sich Wasserstoff besser speichern, und zweitens punktet die Brennstoffzelle gegenüber dem Elektroauto mit den kürzeren Boxenstopps: „Für 500 Kilometer Reichweite braucht man bei einer Batterie selbst mit einem Schnelllader über 30 Minuten“, erläutert Honda-Entwickler Brachmann. „Ein Auto wie den Clarity betankt man dagegen in drei Minuten.“

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Allerdings gibt es auch viele Gründe, die gegen die Brennstoffzelle sprechen: „Wasserstoff ist nur dann ein sauberer Treibstoff, wenn er aus regenerativen Energien hergestellt wird“, sagt Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. „Und davon sind wir noch weit entfernt.“ Außerdem mangele es an Transportkapazitäten, von einer flächendeckenden Versorgung mit Tankstellen ganz zu schweigen, gibt er zu bedenken.

Nachdem die Brennstoffzelle zuletzt ein durch und durch asiatisches Thema war, zündet die Idee jetzt offenbar auch bei den Europäern wieder. Daimler arbeitet an der Technik schon lange, forscht mittlerweile in einer Allianz mit Ford und Renault-Nissan und will in dieser Allianz 2017 ein marktfähiges Auto vorstellen.

BMW nutzt die Kooperation mit Toyota für die Entwicklung eines eigenen Brennstoffzellen-Fahrzeugs und hat immerhin acht alltagstaugliche Prototypen auf Basis des 5er GT aufgebaut, sagt Matthias Klietz, Leiter der BMW-Antriebsforschung.

Auch der VW-Konzern intensiviert seine Forschung wieder. „Jahrelang haben wir nur zugeschaut und gerade so viel gemacht, dass wir den Anschluss nicht verlieren“, räumt ein Ingenieur aus Wolfsburg ein. „Doch jetzt zeigt die Kurve für unser Engagement wieder steil nach oben“, sagt Immanuel Kutschera, der bei Audi die Brennstoffzellen-Entwicklung leitet. Nach einem umgerüsteten A7 aus dem Jahr 2014 hat Audi im Januar auf der Motorshow in Detroit mit der seit der IAA von Batterieantrieb auf Brennstoffzelle umgerüsteten Studie H-Tron bewiesen, dass sie weiter an dem Thema arbeiten.

Ganz so optimistisch wie seine japanischen Kollegen ist Kutschera aber trotzdem nicht. Während Honda im Jahr 2016 zumindest 200 Clarity bauen will und Toyota 2020 sogar schon mit 30 000 Mirai kalkuliert, denkt er nur an eine Forschungsflotte für die interne Verwendung. Genau wie sein BMW-Kollege Klietz hält er die Zeit noch nicht reif für den freien Verkauf der Brennstoffzelle: „In diesem Jahrzehnt wird das nichts mehr.“