Infiniti M35h: Business-Klasse fährt Economy

Berlin (dpa-infocom) - Business-Klasse fahren und den Economy-Tarif bezahlen: Mit diesem Versprechen will Infiniti die Kunden der deutschen Nobelmarken in den neuen M35h locken.

Infiniti - die Luxusmarke des Autoherstellers Nissan - will mit dem M35h Kunden des Nobel-Segments ansprechen. Dabei setzen die Japaner auf Umweltbewusstsein: Während Kunden bei der Mercedes E-Klasse, Audi A6 und 5er BMW nur zwischen Diesel oder Benziner wählen können, bieter ihnen Infiniti jetzt auch einen Hybridantrieb. Das neue Modell kostet mindestens 56 600 Euro und wird ab September ausgeliefert.

Stärkster Elektromotor

Für die sportliche Sparfahrt spannen die Ingenieure der noblen Nissan-Tochter einen V6-Benziner mit 225 kW/306 PS mit einem konkurrenzlos starken Elektromotor zusammen. Er leistet 50 kW/68 PS und sticht damit selbst den Porsche Panamera Hybrid aus. Der M35h punktet mit maximal 270 Newtonmetern beinahe ab der ersten Umdrehung. So füllt er die Lücke, bis der Benziner sein Maximum von 350 Newtonmetern erreicht hat. Entsprechend schnell kommt die 4,95 Meter lange Limousine bei Vollgas in Fahrt: Während es einen tief in die weichen Ledersessel presst, vergehen bis Tempo 100 nur 5,5 Sekunden. Und die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erscheint als reine Formalität.

Für den geringeren Verbrauch sorgen gleich zwei Kupplungen im System: Die eine trennt E-Motor und Verbrenner und ermöglicht so bis 100 km/h rein elektrische Etappen von maximal zwei Kilometern. Dafür darf man das Gaspedal allerdings nur streicheln, weil sich sonst sofort der V6 zurückmeldet. Die zweite Kupplung ist zwischen Abtrieb und Achse montiert und koppelt den Benziner bei nur geringer Lastanforderung völlig vom Triebstrang ab. Dann geht der Motor aus, und der knapp zwei Tonnen schwere Luxusliner segelt wie im Gleitflug über die Autobahn.

Stärkster Infiniti M ist auch sparsamster

Elektrische Etappen im Stadtverkehr, Segeln auf der linken Spur und beim Sprint den Extra-Schub des E-Motors - das drückt gehörig den Verbrauch. Wo der konventionelle 3,7-Liter-Benziner mit 235 kW/320 PS noch 10,2 Liter und der 3,0 Liter große V6-Diesel mit 175 kW/238 PS 7,5 Liter brauchen, stehen beim Hybrid 7,0 Liter im Datenblatt. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 162 g/km. So wird er mit 268 kW/364 PS nicht nur zum stärksten, sondern auch zum sparsamsten Modell der Familie. Anders als bei der Konkurrenz ist das Sparen bei den Japanern ein vergleichsweise bezahlbares Vergnügen: Der Hybrid-Aufschlag liegt nur bei 1500 bis 3100 Euro.

Beim Sparen hilft auch ein sogenanntes Eco-Pedal. Dafür haben die Japaner ein aktives Gaspedal entwickelt, das notorische Bleifüße mit sanftem Gegendruck kurieren will. Es fühlt sich an, als trete man auf einen zu lasch aufgeblasenen Fußball, soll aber in der Praxis bis zu zehn Prozent Verbrauchsersparnis bringen. Das ist aber nicht die einzige unkonventionelle Technik, mit der Infiniti in die Phalanx der deutschen Business-Limousinen eindringen will: So gibt es eine Klimaanlage, deren Luftstrom wie eine Sommerbrise oder ein Frühlingswald duftet. Das Navigationssystem meldet die Zielankunft mit zahlreichen Tönen - vom Glockengeläut bis zum Hundegebell. Und ein halbes Dutzend Kameras erlaubt beim Rangieren eine visuelle Rundumüberwachung.

Üppige Ausstattung

Bei all der elektronischen Spielerei haben die Entwickler konventionelle Assistenzsysteme nicht vergessen: Auch der Infiniti hält automatisch Abstand, warnt beim gefährlichen Spurwechsel oder wenn der Fahrer von der Straße abzukommen droht. Allerdings sind die Systeme streckenweise so nervös und die Warntöne so penetrant, dass man viele Assistenten schnell wieder ausschaltet.

Die Ausstattung des Japaners ist üppig, das Ambiente sehr nobel. Natürlich sind die beinahe barocken Formen von Armaturenbrett und Mittelkonsole Geschmackssache. Aber was man anfasst, fühlt sich gut an. Und wo man hinschaut, sieht man nur feines Material: Das Leder ist weich, die Nähte sind präzise, und die Hölzer werden vom Klavierbauer Yamaha mit Silberstaub bedampft. Dazu gibt es viel Platz auf allen Plätzen und Sessel, die jedes Wohnzimmer schmücken würden. Nur der Kofferraum ist mit 350 Litern kleiner als etwa bei einem Opel Astra. Da fordert der Lithium-Ionen-Akku vor der Rückbank und unter dem Wagenboden seinen Tribut.

Fazit: Elektrischer Exot fürs Oberhaus

Sparsam und trotzdem sportlich, für diese Klasse halbwegs bezahlbar, elektronisch aufgerüstet und mit dem Hybridantrieb unter der Haube jetzt sogar der Konkurrenz voraus - das sollte Infiniti beim Sturm aufs Establishment helfen. Doch große Hoffnungen auf den Abschied vom Exotenstatus dürfen sich die Japaner kaum machen: Was sie in Deutschland von der M-Serie im Jahr verkaufen schaffen Mercedes, BMW oder Audi hierzulande an einem Tag.