Kia Cee'd: Ein Koreaner auf dem Golf-Platz

Berlin (dpa-infocom) - Kia bringt sich in der Golf-Klasse neu in Stellung: Im größten und wichtigsten Segment des Marktes startet am 1. Juni die zweite Generation des Cee'd.

In Frankfurt entworfen, in Rüsselsheim entwickelt und in der Slowakei produziert, soll sich der Koreaner zu Preisen um 14 000 Euro nicht mehr mit den anderen Asien-Importeuren messen. Ganz gezielt nimmt Kia stattdessen mit dem Newcomer die deutschen Platzhirsche ins Visier.

Edle Optik statt Langeweile

Dabei setzt die Schwestermarke von Hyundai vor allem auf ein attraktives Design und ein vornehmes Ambiente. Der bei unverändertem Radstand leicht gewachsene Cee'd sieht deutlich sportlicher und markanter aus als früher, und lässt Autos wie den Golf ziemlich langweilig wirken: Die Flanken sind stark tailliert, das Heck ist kurz und die verchromte Front reckt sich entschlossen in den Wind. Zudem ist die Silhouette flacher.

Innen sitzt es sich bequem auf großen Sesseln, man wundert sich über die Liebe zum Detail sowie die neue Farbenfreude bei Kia. Waren Autos aus Korea innen noch vor wenigen Jahren triste graue Kunststoffwüsten mit groben Formen, ist beim Cee'd alles fein ausgearbeitet und edel ausgeschlagen.

Viele Extras in Serie und noch mehr gegen Aufpreis

Zum Gesamteindruck passt auch die in dieser Klasse überraschend lange Liste der Extras. Sechs Airbags, ESP und Klimaanlage sind immer Standard. Und gegen Aufpreis gibt es nicht nur jede Menge Klavierlack, Leder und Chromzierrat sowie einen brillant animierten Tacho anstelle altmodischer Rundinstrumente. Sondern auf Knopfdruck lässt sich das Lenkrad beheizen, die Musik kommt via Bluetooth vom Handy, der Schlüssel kann in der Hosentasche bleiben, die Elektronik überwacht die Spurführung und das Einparken übernimmt die elektrische Servolenkung auf Wunsch alleine. Selbst eine ungewöhnlich schnell und sanft schaltende Doppelkupplung hat Kia mittlerweile im Angebot.

Damit kommen die Koreaner den deutschen Modellen in der Kompaktklasse schon relativ nahe. Aber auf den zweiten Blick fehlen dann doch ein paar Details: Eine radargestützte Abstandsregelung oder einen Assistenten für Notbremsungen können sie ebenso wenig bieten wie mobilen Internetzugang oder personalisierbare Apps für das Infotainment-System.

Sparsam ohne Downsizing

Auch bei den Motoren ist Kia nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Der sparsamste Diesel kommt trotz seiner 94 kW/128 PS mit Start-Stopp-Automatik und intelligenten Nebenaggregaten zwar mit 3,7 Litern (CO2-Ausstoß: 97 g/km) aus und unterbietet damit sogar den Golf Blue Motion. Aber der aktuelle Trend zum Downsizing ist bei Kia noch nicht angekommen. Die zwei Benziner und Diesel haben allesamt vier Zylinder und kommen auf 1,4 oder 1,6 Liter Hubraum, 1,2-Liter-Aggregate fehlen. Die Leistungsspanne beginnt bei 66 kW/90 PS und endet mit 99 kW/135 PS.

Bei der ersten Ausfahrt mit dem neuen Cee'd macht vor allem der große Diesel eine gute Figur: Er ist leise, sehr kultiviert und geht kraftvoll zu Werke. Mit maximal 260 Nm Drehmoment überzeugt er bis in höhere Geschwindigkeiten mit einem spontanen Antritt und ist auch ohne das sparsame EcoDynamics-Paket im Mittel mit 4,1 Litern zufrieden. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 109 g/km. Aber auch wenn er in 10,9 Sekunden auf Tempo 100 kommt und bei Vollgas 197 km/h erreicht - etwas mehr Dynamik würde dem Herausforderer des Golf nicht schaden. Denn das Fahrwerk des Cee'd ist sauber abgestimmt, federt komfortabel und bleibt auch in schnellen Kurven spurstabil und präzise. Außerdem hat er als einer der ersten in dieser Klasse eine dreistufig verstellbare Servolenkung: Ein Knopfdruck genügt, und der Wagen fühlt sich spürbar sportlicher oder komfortabler an.

Fazit: Dem Golf näher als je zuvor

Der Cee'd sieht klasse aus und hat ein Interieur auf dem Niveau der besten deutschen Konkurrenten. Die Serienausstattung ist üppig, die Liste der Optionen lang und die Motoren vielleicht nicht die neuesten, aber knauserig und kräftig zugleich. Und selbst wenn der exakte Preis noch nicht feststeht, wird der Cee'd deutlich günstiger sein als die europäischen Konkurrenten. Selten haben die Koreaner deshalb auf dem Golfplatz mit so einem kleinen Handicap gespielt.