Lexus RX: Harte Schale, weicher Kern
Berlin (dpa-infocom) - Sie müht sich zwar seit 25 Jahren. Doch so richtig aus der Nische herausgekommen ist die vornehme Toyota-Tochter Lexus bei uns nicht. Wenn überhaupt, dann hat es ein Modell der Japaner ins Rampenlicht geschafft: der Geländewagen RX.
Deutlich von Konkurrenten wie der Mercedes M-Klasse (jetzt GLE) und dem BMW X5 auf den Markt gebracht und als erster seiner Art mit Hybrid lieferbar, ist er weltweit, in Europa und in Deutschland das meistverkaufte Modell der Marke. Entsprechend groß sind die Hoffnungen, wenn die Japaner am 23. Januar zu Preisen ab 49 900 Euro die vierte Generation an den Start bringen.
Größeres Format und giftigerer Auftritt
Optisch strotzt der neue RX dabei nur so vor Kraft und Selbstvertrauen: Vor allem zugunsten der Hinterbänkler im Radstand um fünf und in der Länge sogar um zwölf Zentimeter gestreckt, wird der jetzt 4,89 Meter lange Geländewagen deshalb größer.
Und dann dieses Auftreten: Die LED-Scheinwerfer haben einen stechenden Blick, die Flanken sind zackig geschnitten und die D-Säule hat einen scharfen Schmiss. Zudem sieht der riesige Zackengrill vor dem Kühler aus, als würde der Lexus Kleinwagen nicht einfach nur überholen, sondern kurzerhand aus dem Weg beißen.
Eher Lamm als Lamborghini
Doch der Eindruck täuscht: Auch wenn das Auto so aggressiv aussieht wie ein Lamborghini, ist es im Grunde zahm wie ein Lamm. Das liegt zum einen an der betont komfortablen Abstimmung. Die bleibt selbst dann nerven- und rückenschonend, wenn Lenkung, Fahrwerk, automatischer Wankausgleich und Getriebe im Modus „Sport+“ ein wenig die Muskeln anspannen.
Statt sich ins Lenkrad zu verbeißen, genießt man deshalb lieber das deutlich aufgewertete Ambiente und die größere Ruhe in der geräumigeren Kabine. Man kann den Blick schweifen lassen über Lack und Leder. Oder man freut sich an Petitessen wie dem Becherhalter mit variablem Boden, den wie in Öl gelagerten Knöpfen der Stereoanlage oder am Head-Up-Display, selbst wenn das weniger bunt und brillant ist wie bei BMW & Co.
Umsorgt von vorsichtigen Assistenten
Und wer sich selbst ein wenig zurücknimmt, der kann sich auch leichter von den vielen, betont vorsichtigen Assistenzsystemen umsorgen lassen, die Lexus in einem dicken Paket bündelt. Dann hält der RX automatisch Tempo und Abstand, leitet bei drohenden Gefahren selbständig eine Notbremsung ein, achtet auf den Querverkehr und hilft bei Spurführung oder -wechsel.
Hybrid ohne Plug-In
Dass der RX eher Gleiter als Fighter ist, liegt auch an den Motoren. Denn wo die Konkurrenz tapfer aufrüstet und meistens sechs, oft sogar acht Zylinder anbietet, predigt Toyota Downsizing und Demut. Schließlich wird auch in der neuen Generation die meistverkaufte Variante der Hybrid sein - selbst wenn ihm das bei den deutschen Konkurrenten mittlerweile eingeführte Plug-In-Modul fehlt und es deshalb wieder nur für maximal zwei elektrische Kilometer reicht.
Ohne den rechten Biss
Dieser RX450h für mindestens 58 900 Euro kommt mit der Kombination aus einem 3,5-Liter großen V6-Benziner und zwei E-Maschinen auf eine Systemleistung von 230 kW/313 PS und wuchtet den Zweitonner in 7,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Doch die stufenlose Automatik sägt bei forcierter Gangart gehörig an den Nerven, der neu eingeführte Klanggenerator stört eher, als dass er die Leidenschaft schürt und mit 200 km/h Spitze fährt man der Konkurrenz doch nur hinterher. Und das alles für jene 5,2 Liter Verbrauch (CO2-Ausstoß 120 g/km), die man locker auch mit einem Diesel schaffen könnte?
Es muss nicht immer Hybrid sein
Dann lieber gleich den neuen Basismotor. Der hat zwar nur noch vier Zylinder und 2,0 Liter Hubraum, kompensiert das aber mit einem Turbo-Lader. So steigt die Leistung auf 175 kW/238 PS und die Drehmoment-Kurve gipfelt bei 350 Nm - und zwar schon deutlich unter 2000 Touren. Auch wenn der RX200t am Ende 1,5 Sekunden mehr für den Sprint braucht, hat man deshalb ein besseres Gefühl am Steuer.
Der Motor wirkt engagierter, klingt ehrlicher und ist mit 200 km/h genauso schnell. Und dass er mit mindestens 7,8 Litern (CO2-Ausstoß 181 g/km) rund 40 Prozent mehr braucht, belastet allenfalls das Gewissen, nicht den Geldbeutel. Schließlich ist er 9000 Euro billiger.
Fazit: Die entspannte Alternative
Er ist nicht so dynamisch wie ein BMW X5, nicht so nobel wie ein Audi Q7 und nicht vollgepackt mit Assistenzsystemen wie der Mercedes GLE. Und in der Spritsparwertung fehlen ihm zum Sieg der Plug-In-Hybrid oder zumindest der Diesel.
Aber warum sollte Lexus auch einen BMW, einen Audi oder einen Mercedes bauen? Stattdessen haben die Japaner ihren eigenen Weg gefunden und bieten eine entspannte Alternative, der mit ihrem Design trotzdem alle Aufmerksamkeit gewiss ist.
Datenblatt: LexusRX200tAWD
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke