Vom Winker zum Autoblinker: Demonstrativer Richtungswechsel
München (dpa/tmn) - Wer den Blinker an seinem Auto betätigt, ist ein rhythmisches „Klack“-Geräusch gewohnt. Ohne auf die Anzeige zu schauen weiß man: Der Blinker blinkt. Technisch notwendig wäre dieses Geräusch indes längst nicht mehr.
Denn die modernen Blinker funktionieren elektronisch.
Auch der Gesetzgeber schreibt es nicht vor: „Ein optisches Kontrollsignal würde auch ausreichen, aber sinnvoll ist die Akustik durchaus“, sagt Philipp Schreiber vom Tüv Süd. Er nennt als Beispiel den Spurwechsel. So habe man jederzeit die Gewissheit, dass der Blinker betätigt ist.
Seinen Ursprung hat das prägnante Geräusch Anfang der 20er Jahre, als Paragraf 26 der Verordnung über den Kraftverkehr Signale festlegte, um den Verkehr zu regeln. In der Folge entwickelte der Fahrzeugzulieferer Bosch die ersten nachrüstbaren Bremsleuchten und Winker. „Betätigte der Fahrer einen Schalter, schwenkte ein Elektromagnet einen rund 20 Zentimeter langen, später sogar beleuchteten Winkerarm aus dem Gehäuse“, sagt Stephan Kraus von Bosch, „der dem nachfolgenden Verkehr den Richtungswechsel anzeigte“. Bis in die 50er Jahre hinein war dieser Winker im Straßenverkehr präsent. Dann ersetzten ihn die elektrischen Blinker, deren Relais den Blinkrhythmus akustisch unterlegte.
Mittlerweile haben sich die offiziell Fahrtrichtungsanzeiger genannten Blinker - neben ihrer technischen Funktion - zu wichtigen Designobjekten weiterentwickelt. „Die LED-Technik hat ohne Zweifel die größte Veränderung im Bereich Fahrzeug-Lichttechnik mit sich gebracht“, sagt Steffen Pietzonka vom Zulieferer Hella. Das gelte sowohl für die Lichttechnik an sich, wie auch für Anordnung und Form. „Früher waren die Blinker immer an festen Positionen wie dem Kotflügel oder in der Stoßstange verbaut“, sagt Pietzonka. Jetzt gebe es durch die flexible LED-Technik deutlich größere Variationsmöglichkeiten. Lange steckten kugelförmige Glühlampen in den Reflektoren. Getöntes Abdeckglas darüber sorgte für die vorgeschriebene orange Farbe. Später wurden die Scheinwerfer transparent, und es wurden orangefarbene Lampen verbaut. „Man sprach da im Volksmund aufgrund der orangen Glühlampe im silberfarbenen Scheinwerferumfeld auch gerne von „Spiegeleiern““, sagt Pietzonka.
Die heutigen Leuchtdioden, kurz LED genannt, werden direkt elektronisch angesteuert. Sie sind flach, benötigen daher kaum Platz und können flexibel verbaut werden. Die Folge: Blinker in Wellen- und Linien-Form oder auch Kombinationsleuchten, die sich an der Fahrzeuglinie orientieren und das „Gesicht“ eines Autos entscheidend mitprägen. Denn: „Individualisierung spielt für die Fahrzeughersteller auch beim Thema Blinker eine sehr große Rolle“, sagt Pietzonka. Ein Beispiel sei etwa der wischende Blinker von Audi. Hier werden die LED-Blöcke des Blinkerstreifens nacheinander geschaltet, wodurch die Fahrtrichtung auch dynamisch angezeigt wird. Animierte Lichtlösungen seien generell ein Trend. Immer mehr Hersteller kreierten regelrechte Begrüßungsszenarien mit der Fahrzeugbeleuchtung. „Wird das Fahrzeug entriegelt, werden dann zum Beispiel Lichtteppiche im Bereich der Türen ausgerollt.“
Allerdings ist nicht alles erlaubt. Position, Farbe, Abstrahlwinkel und Lichtstärke der Blinker sind genau festgelegt. „Die ECE-Regelungen schreiben zum Beispiel vor, in welchem Bereich sich die Blinker am Fahrzeug befinden müssen und wie sie geschaltet sein dürfen“, sagt Schreiber. So ist unter anderem festgelegt, dass er nach einer Sekunde voll leuchten muss. Beim wischenden Blinker sind laut Audi nach 150 Millisekunden alle Segmente hell, bevor sie für weitere 250 Millisekunden voll strahlen. Danach wird der Blinker dunkel, und der Vorgang beginnt von neuem. Eine weitere Errungenschaft der LED-Technik sind die seitlichen Blinker in den Spiegelgehäusen.
Strom sei dort schon länger aufgrund der Beheizbarkeit und der elektrischen Verstellung vorhanden gewesen. „Jedoch fehlte der Platz für eine Glühlampe“, sagt Pietzonka. Seit die platzsparende LED auf dem Markt ist, haben jedoch nahezu alle neuen Autos Spiegelblinker, obwohl dieser längst nicht für alle vorgeschrieben ist. Nur wenn der Abstand zwischen dem vorderen und hinteren Blinker größer als sechs Meter ist, muss es einen zusätzlichen Blinker im vorderen Fahrzeugbereich geben, sagt Schreiber.
Bastler hingegen haben mit dem LED-Siegeszug weniger zu tun. Denn das regelmäßige Wechseln einer Glühlampe entfällt. „Die heutige Generation der LEDs hält in der Regel ein Autoleben lang“, sagt Pietzonka. Außerdem ist die Technik wartungsfrei, stromsparend und auch effizienter. Laut Pietzonka würde rein technisch gesehen eine rote LED für eine Rücklichtfunktion ausreichen, um die vorgeschriebenen Lichtwerte zu erreichen. Tatsächlich jedoch setzen die Hersteller meist eine Vielzahl davon ein, um die LEDs sowie die entsprechenden Optiken in die gewünschte Form zu bringen - auch als Markensignatur.
Die hohe Leuchtkraft der Leuchtdioden sorgt auch dafür, dass Autofahrer LEDs mitunter nicht nur als heller, sondern auch als blendend empfinden. Dies hänge damit zusammen, so Josef Schloßmacher von Audi, dass LEDs ihre maximale Helligkeit sofort erreichen, wozu Glühlampen rund 0,2 Sekunden benötigen. Ein weiterer Nebeneffekt der hohen, schnellen Strahlkraft: Weil das Nebeneinander von LED-Tagfahrlicht und -Blinker die Erkennbarkeit des Blinkers beeinträchtigen könnte, dimmen viele Hersteller das Tagfahrlicht automatisch herunter, wenn der Blinker betätigt wird.