Wartburg und Trabi heute als Oldtimer gefragt

Erfurt/Bonn (dpa) - Noch tuckern Wartburg und Trabant durchs Land. Doch 22 Jahre nach dem Produktionsstopp schwindet die Zahl der beiden DDR-Autos. Das macht sie interessant - mit den alten Autos und etwas Ostalgie lassen sich Geschäfte machen.

Zitronengelb lackiert mit schwarzem Verdeck oder klassisch Weiß mit Lederköfferchen auf dem Dachgepäckträger: Von der belächelten „Rennpappe“ hat sich so mancher betagte „Trabi“ zum Hingucker-Auto gemausert. Selbst in Ostdeutschland, wo der Trabant bis zum Fall der Mauer das Fortbewegungsmittel schlechthin war, wird das 26 PS starke Gefährt zur Rarität auf den Straßen. 22 Jahre nach dem Produktionsstopp des kleinen Autos, das millionenfach im sächsischen Zwickau gebaut wurde, scheint mit dem schwindenden Bestand das Interesse an dem Zweitakter zu steigen. Vorausgesetzt, der Zahn der Zeit hat nicht zu stark an ihm genagt.

„Diese Fahrzeuge sind gesucht. Es gibt ja nicht mehr so viele“, sagt Andrea Zeus. Sie ist Expertin für historische Fahrzeuge beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe in Bonn. Der Schwund der DDR-Autos ist in den Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg dokumentiert: Waren 1993 noch 920 162 Trabis vorwiegend in den fünf neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins unterwegs, sind es 20 Jahre später gerade noch 32 485. Noch schlechter erging es dem im thüringischen Eisenach ebenfalls in großen Stückzahlen bis 1991 gebauten Wartburg - er hat eine Blechkarosse und galt als das Mittelklasseauto der DDR. Ihm macht im Gegensatz zum Trabi, der auch als „Plastebomber“ tituliert wird, der Rost zu schaffen: Von 402 590 Autos mit dem Namen der geschichtsträchtigen Eisenacher Burg sind derzeit bundesweit gerade noch 7195 zugelassen.

Wie viele der Trabant 601 oder Wartburg 353 es bereits zum Oldtimer-Status gebracht haben, ist offen. Selbst die Sprecherin des Kraftfahrt-Bundesamtes, Anna Lena Wismar, kann die Zahl nicht beziffern. Immerhin dürften alle noch zugelassenen und in möglichst unverändertem Zustand erhaltenen DDR-Klassiker als sogenannte Youngtimer durchgehen. Das sind Autos im Alter von 15 bis 29 Jahren. Am gesamten deutschen Fahrzeugbestand machen Autos dieses Alters 13,5 Prozent aus, sagen die Statistiken.

Der kantige Wartburg, vor allem aber der kleinere Trabant werden inzwischen bei Sammlern und Fachleuten als Oldtimer wahrgenommen, sagt Andrea Zeus. „Es ist ein Irrglaube, dass es bei den Oldtimern nur um die wertvollen Fahrzeuge geht. Alles, was seltener wird, weckt Interesse und Emotionen“, weiß die Referentin beim Kraftfahrzeuggewerbe-Verband, der Händler und Werkstätten vertritt. Jahrelang sei der Trabant für einige hundert Euro verramscht worden. Nun würden die Preise steigen.

Davon berichtet auch Michael Nitsche, Vorstand der Event & Touring AG mit Sitz in Zahna bei Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen zählt mehr als 50 Trabant 601 - darunter einige Oldtimer - zu seiner Fahrzeugflotte. Offeriert werden in Berlin und andernorts Miet-Trabis sowie Safaris und Rallyes mit den Zweitaktern.

„Es wird schon schwierig, gute Autos zu finden. Die sind auch ordentlich was wert“, berichtet Nitsche. Seine Firma ist eine von mehreren, die Trabi- und Wartburgfahrten als Geschäft betreiben. Auf Internetportalen können die Fahrzeuge stundenweise gebucht werden - verkauft werden Gutscheine beispielsweise für eine Spritztour zu den Resten der Berliner Mauer. „Die Interessenten sind zwischen 18 und 72 Jahre alt“, sagt Nitsche.

Wer sich heute einen Trabi kaufen will, muss im Zweifelsfall mehr bezahlen, als das Gefährt zu DDR-Zeiten kostete. Im Internet finden sich Angebote zwischen 225 Euro für ein Exemplar mit 150 000 Kilometern Laufleistung und 9450 Euro für einen grünen Kübel-Trabi Baujahr 1969. Besonders teuer seien Raritäten wie Trabis, auf deren Dach sich ein Zelt aufschlagen lässt, erzählt Zeus. Im Schnitt kostete ein Trabi in der gängigen Variante, gespritzt in Beige oder Blaugrau gut 10 000 DDR-Mark, erinnert sich ein Erfurter Händler.

Die Sorge, dass mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Produktion die Ersatzteile ausgehen, scheint unbegründet. Beispielsweise bietet ein Onlineversandhaus mit Sitz in Zwickau Trabant-Ersatzteile. „Es gibt viele, die Teile gesammelt haben“, sagt Zeus. „Vieles wird auch nachgebaut.“ Talentierte Schrauber finden sich in den zahlreichen Vereinen und Clubs mit Namen wie „Pappesatt“ in Magdeburg. Auch im Westen des Landes, wo derzeit noch 6742 Trabant und 808 Wartburg zugelassen sind, haben die früher als Stinker gescholtenen DDR-Autos Fans: Im mittelhessischen Butzbach nennt sich der Trabantclub „Blaue Wolke“.