Wenig „grüne Mobilität“ auf Automesse in Neu Delhi
Neu Delhi (dpa) - Bei der Auto Expo in Neu Delhi sollten eigentlich umweltfreundliche Antriebstechnologien im Mittelpunkt stehen. Zwar präsentieren die Hersteller Modelle mit spritsparende Motoren. Doch von „grüner Mobilität“ ist am ersten Messetag nicht viel zu sehen.
Wer mit Taxi oder eigenem Wagen zur Auto Expo in der indischen Hauptstadt Neu Delhi fährt, steht erst einmal im Stau. Die Zufahrtsstraßen sind hoffnungslos verstopft. Ein alltägliches Bild in der Millionenstadt, doch am Eröffnungstag der einzigen internationalen Automobilmesse Indiens ist das Verkehrschaos rund um das Ausstellungsgelände Pragati Maidan noch etwas größer als sonst.
„Mobilität für alle“ heißt das Motto der diesjährigen Auto Expo (Publikumstage: 7. bis 11. Januar), auf der sich die Branche bis kommenden Mittwoch präsentiert. Doch trotz der Dauerstaus in Indiens Metropolen setzen die 1500 Aussteller - darunter 75 deutsche Autohersteller und Zulieferer - vor allem auf den Ausbau des Individualverkehrs. Motorräder und Autos stehen im Mittelpunkt, innovative Verkehrskonzepte für die aufstrebende Wirtschaftsnation werden allenfalls am Rande diskutiert. Ein westlicher Autoexperte glaubt den Grund dafür zu kennen: Der Individualverkehr werde in Indien immer wichtiger, sagt er, da es nicht genug öffentliche Verkehrsmittel für die vielen Menschen gebe.
Auch das vor Expostart von den Veranstaltern propagierte Thema „grüne Mobilität“ geht inmitten der glitzernden Messestände unter. Zwar präsentieren alle Hersteller neue Modelle mit spritsparenden Motoren. Zudem werden Elektroautos und Fahrzeuge mit Hybridantrieb gezeigt. Doch darüber hinaus ist wenig davon zu sehen, dass Indien „ein Vorreiter in diesem Bereich“ sein wolle, wie unlängst noch der Chef des Branchenverbandes Siam, S. Sandiliya, verkündet hatte.
Zumindest der Wille zum Umdenken scheint jedoch vorhanden zu sein. „Je mehr Autos auf Indiens Straßen fahren, umso größer werden Luftverschmutzung und Umweltbelastung“, weiß Arvind Kapur, Präsident des Verbandes der indischen Zulieferindustrie. „Daher wollen wir uns in Sachen grüne Mobilität den internationale Standards anpassen.“
Ein Problem dabei seien allerdings die noch immer höheren Kosten für umweltfreundliche Technologien. Rund drei Viertel der in Indien verkauften Personenwagen seien preiswerte Klein- und Kompaktwagen, sagt Kapur. Würde diese Autos teurer, könnte das den Absatz bremsen. Daher sei die indische Regierung aufgerufen, sich in diesem Bereich mit Fördermitteln und Subventionen zu engagieren.
Von der Dominanz der Klein- und Kompaktwagen profitieren seit Jahren asiatische Hersteller. Der indisch-japanische Autobauer Maruti Suzuki dominiert fast die Hälfte des Automarktes, gefolgt von Hyundai mit rund 20 Prozent. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Toyota Renault-Nissan, Ford und Volkswagen haben in den letzten Jahren konkurrenzfähige Kleinwagen auf dem indischen Markt platziert.
„Wettbewerb ist für uns nichts Neues“, erklärt Mayank Pareekh von Maruti Suzuki gelassen. Trotz der starken Konkurrenz internationaler Hersteller behaupte sein Unternehmen seit inzwischen zehn Jahren die eindeutige Marktführerschaft mit einem Anteil von knapp 50 Prozent. Der indische Markt hat seinen Gesamtabsatz zuletzt um ein Viertel auf 2,5 Millionen Pkw gesteigert. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet die Branche ebenfalls Wachstum, aber in geringem Maße.
Indien gilt neben China und Brasilien als einer der wichtigsten Wachstumsmärkte der Automobilindustrie. Die Auto Expo wurde international wohl noch nie so stark beachtet - traditionell viel wichtiger war früher immer die Automesse in Detroit, die am kommenden Montag beginnt.
Die deutschen Hersteller sind mit ihren Absatzzahlen in Indien zufrieden. „Es ist ermutigend, dass die Leute in Indien unsere Fahrzeuge annehmen“, sagt Volkswagen-Vorstand Ulrich Hackenberg. 2011 wurden fast 78 500 Volkswagen verkauft, eine Steigerung von 140 Prozent. Verkaufsschlager waren dabei der Polo und die Stufenheckvariante Vento mit zusammen 74 000 Stück. Mit dem Polo war VW Anfang 2010 in den umkämpften Kleinwagenmarkt eingestiegen. Auch die Tochter Skoda konnte ihren Absatz um 50 Prozent steigern.
Insgesamt hielten die deutschen Hersteller im vergangenen Jahr in Indien einen Marktanteil von rund 5 Prozent - eine Verdopplung im Vergleich zu 2010. Besonders erfolgreich sind die Deutschen dabei im Luxussegment, wo Mercedes Benz, BMW und Audi 85 Prozent des Marktes dominieren. Auch die Zuliefererindustrie hat ihre Präsenz in Indien erheblich verstärkt.