Mal auf, mal neben der Straße Wo dürfen Radler tatsächlich fahren

Göttingen (dpa/tmn) - Radfahrer leben gefährlich, zeigt ein Blick auf die Statistik. Im Jahr 2016 sind 349 Radler bei Verkehrsunfällen gestorben - mehr als in den Jahren zuvor.

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„Die Mehrzahl wurde von abbiegenden Pkw und Lkw übersehen“, sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad. Dies sei nach wie vor eine der gefährlichsten Situationen für Radler. Dabei ist die Vorfahrt durch die Straßenverkehrsordnung klar geregelt: „Der Geradeausverkehr hat immer Vorrang, egal ob der Fahrradfahrer auf der Straße oder auf einem Radweg fährt“, so Koßmann. Trotzdem kommt es deswegen immer wieder zu Unstimmigkeiten. Das hänge auch mit der Unwissenheit der Verkehrsteilnehmer zusammen, erklärt Koßmann.

Einige Radfahrer weichen da lieber auf den Fußweg aus, doch das ist nicht erlaubt. „Er ist ganz klar Fußgängern vorbehalten und radelnden Kindern bis zehn Jahren“, erklärt Koßmann. Lediglich der begleitende Elternteil des Kindes dürfe mit auf dem Fußweg fahren.

Gleiche Regeln für Fahrrad- und Autofahrer gelten übrigens auch an Ampeln: Beide müssen an der roten Pkw-Ampel warten, wenn es keine spezielle Fahrradampel gibt. Eine Ausnahme gilt nur für Radler, die in einer Trainingsgruppe unterwegs sind. „Wenn mindestens 16 Fahrräder im Trainingsverbund fahren und der erste noch bei Grün eine Ampel passiert hat, darf der letzte auch noch dann fahren, wenn die Ampel schon auf Rot umgesprungen ist“, erklärt Fahrrad-Experte Koßmann.

Und was gilt, wenn ein Radfahrer einen Zebrastreifen überqueren will? Hier kann er schieben oder fahren, sagt Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Für einen fahrenden Radler muss ein Autofahrer allerdings nicht anhalten. Und wer beim Radfahren über den Zebrastreifen in einen Unfall verwickelt wird, sei unter Umständen mitschuldig.

Sind speziell gekennzeichnete Radwege vorhanden, müssen sie von den Radfahrern auch genutzt werden. „Verpflichtend ist beispielsweise das bekannte blaue, runde Verkehrszeichen mit einem weißen Fahrrad, das Zeichen Nummer 237“, erläutert Dötsch.

Die Verkehrszeichen 240 und 241 stehen für eine Kombination aus Fuß- und Radweg. Auf den ebenfalls runden Schildern sind Fußgänger und Radler durch einen Trennstrich abgebildet, erläutert Dötsch. „Auch hier muss der Radler der Straße fernbleiben und den Radweg nutzen, ansonsten droht ein Bußgeld von bis zu 35 Euro.“

Darüber hinaus gibt es den Fahrradstreifen, der auf der normalen Straße verläuft. „Erkennbar ist der Radstreifen oft durch ein großes Fahrrad-Piktogramm auf dem Asphalt, zudem ist dieser Radweg durch eine durchgezogene Linie von der sonstigen Fahrbahn abgetrennt“, erläutert Koßmann. Autos dürfen die durchgezogene Linie nicht überfahren und auch nicht als Parkfläche missbrauchen, „was in der Praxis leider oft nicht eingehalten wird“, so Koßmann.

Eine aufgeweichte Form des Fahrradstreifens ist der Schutzstreifen. „Er unterscheidet sich durch eine gestrichelte Linie zum Pkw-Verkehr vom Fahrradstreifen“, erklärt Koßmann. Hier dürfen Autofahrer den Schutzstreifen befahren, wenn es notwendig ist. Generell sieht Koßmann sowohl Fahrrad- als auch Schutzstreifen kritisch, da meistens nicht genügend Abstand zwischen Autos und Fahrrädern gehalten werde.

Komfortabler und sicherer für Zweiräder sind da die Radschnellwege, die auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) für die beste Lösung hält. „Sie sind in der Regel separat vom Autoverkehr geführt, weitgehend kreuzungsfrei, haben eine großzügige Breite und sind mit einem sehr guten Belag ausgestattet“, sagt Floriane Lewer vom ADFC.

Inzwischen gebe es in fast allen Metropolregionen Pläne für Radschnellwege. Ein Beispiel ist der Radschnellweg Ruhr („RS1“), der nach seiner Fertigstellung 100 Kilometer quer durch das Ruhrgebiet verlaufen soll. Auch reine Fahrradstraßen sind eine Alternative: Dort bestimmen Radler das Tempo, und Autos dürfen nicht überholen. Sie sind mit dem Verkehrszeichen 244 ausgezeichnet.

Aktuell, so der ADFC, sei das Radwegenetz in Deutschland insgesamt jedoch noch eher unterentwickelt. „Im Vergleich etwa zu Dänemark oder den Niederlanden ist Deutschland rückständig“, meint Lewer. Der Radverkehrsanteil liege in Deutschland seit Jahren unverändert bei elf bis zwölf Prozent. „Schuld ist die dramatisch unterdimensionierte und vielerorts schlecht gestaltete Radinfrastruktur“, sagt Lewer.