Zeitreise auf Zeit - Oldtimer mieten statt kaufen

Friedberg/München (dpa/tmn) - Lust auf einen Oldtimer, aber keine Zeit zum Schrauben? Dann können Autovermieter helfen. Einige bieten die Zeitreise auf Zeit an - als Klassikervergnügen ohne ölverschmierte Finger und durchgearbeitete Wochenenden.

Klassiker und Youngtimer stehen hoch im Kurs: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) meldet steigende Bestandszahlen, die Preise ziehen an. Aber nicht jeder Freund ehrwürdigen Blechs hat genügend Zeit oder Geld für einen eigenen Oldtimer. Für diese Klientel bieten findige Geschäftsleute den Klassiker als Mietwagen an.

„Das ist die perfekte Lösung für viele Oldtimerfans, die nie einen eigenen Wagen besitzen werden“, sagt der Klassikexperte Johannes Hübner aus Friedberg (Hessen). Bei vielen scheitere es schon an der Garage, und manche trauten sich keine Reparaturen zu, hat der Eventmanager und Moderator von Oldtimerveranstaltungen beobachtet. „All diese Probleme hat man mit einem Mietwagen nicht.“

Das Angebot ist üppig. Nicht nur Autohersteller wie BMW oder Mercedes vermieten Oldtimer und organisieren für die Kunden die Teilnahme an Klassikveranstaltungen bis hin zur legendären Mille Miglia samt eigenem Mechanikerteam. Sondern in fast jeder größeren Stadt finden sich mittlerweile Verleiher, die sich auf Oldtimer spezialisiert haben, wie Hübner erläutert.

Und sie würden gut gebucht, berichtet Wulf Henrichs, der in München den Verleih Enjoy the Classics betreibt. Sein gutes Dutzend Fahrzeuge ist für Tagespreise zwischen 250 und 500 Euro fast die gesamte schöne Jahreszeit über unterwegs. „Viele Kunden haben erkannt, dass sie mit einem Mietwagen am Ende billiger fahren“, sagt Henrichs. Wer seinen Klassiker ohnehin nur ein paar Wochenenden im Jahr nutzt, zahle für Steuern, Versicherung, Unterhalt und Unterstand meist mehr als für einen entsprechenden Mietwagen.

Wurden Mietoldtimer früher vor allem als Hochzeitsfahrzeuge gebucht, registriert Thomas Schlott immer mehr Selbstfahrer unter den Kunden. Er ist Chef der Oldtimervermietung Köln und hat knapp 40 Fahrzeuge vom 1941er Cadillac über den Opel Kapitän der Sechziger bis zur Mercedes S-Klasse aus den Siebzigern im Programm. „Zum einen sind das Mieter, die sich endlich selbst einen Traum erfüllen oder eine Jugenderinnerung auffrischen wollen“, hat Schlott beobachtet. „Oder es sind nüchterne Rechner, die nur ein paar Wochenenden Spaß haben und bei Klassikerausfahrten mitmachen wollen.“

Egal aus welchem Beweggrund man in den Mietoldtimer steigt: „Für den Fahrer ist das ein vergleichsweise geringes Risiko“, sagt Götz Knoop aus dem Präsidium des Bundesverbandes für Clubs klassischer Fahrzeuge Deuvet. Bei einem ordentlichen Vermieter seien die Fahrzeuge in der Regel vernünftig versichert und technisch gut in Schuss: „Schließlich werden sie ja meist viel öfter und regelmäßiger gefahren als von einer Einzelperson.“ Trotzdem rät Hübner zum detaillierten Vertragsstudium. „Vor allem über den Pannenfall muss man sich Gedanken machen. Denn meist gehen Oldtimer ja ohne direktes Verschulden des Fahrers kaputt. Deshalb sollte man dafür auch nicht zur Kasse gebeten werden“, fordert der Experte.

Allerdings gibt es einen Unterschied zum herkömmlichen Mieten: „Anders als bei modernen Mietwagen werden die Kunden bei uns detailliert ins Fahrzeug eingewiesen und machen eine kurze Probefahrt mit einem Mitarbeiter, damit sie die Eigenheiten des Oldtimers kennenlernen“, sagt Schlott von der Oldtimervermietung Köln.

Das ist nicht verkehrt. Nicht umsonst warnt das Allianz Zentrum für Technik (AZT) vor dem ungewohnten Fahrverhalten: „Denn ABS, der Schleuderschutz ESP oder Fahrerassistenzsysteme waren vor 30 Jahren weitgehend unbekannt.“ Die AZT-Experten haben aus der Analyse von Oldtimerunfällen ihre Kritik abgeleitet. „Unerfahrenheit und Selbstüberschätzung verbunden mit mangelnder Fahrpraxis führen besonders bei sportlichen Klassikern immer wieder zu Zwischenfällen“, schreiben die Unfallforscher.

Der Oldtimerspezialist Fritz Schmidt jr. aus Rüsselsheim sieht Mietfahrzeuge mit gemischten Gefühlen. „Zum Ausprobieren ist ein Wochenende mit einem geliehenen Klassiker sicher eine gute Sache“, räumt der Buchautor ein. „Aber zu einem Oldtimer gehört mehr als die sonnige Landpartie. Man darf nicht unterschätzen, dass diese Fahrzeuge auch Pflege benötigen und teils anfällig sind. Die Wartung des Wagens, die allfälligen Reparaturen und die Suche nach den Ersatzteilen machen aus der Liebelei eine echte Leidenschaft.“