Neviges. Betrugsanrufe: Freispruch für Angeklagten

Neviges. · Mit einem Komplizen sollte der 37-Jährige eine Seniorin um 15 700 Euro gebracht haben.

Der 37 Jahre alte Angeklagte und Rechtsanwältin Hülya Karaman im Amtsgericht Wuppertal.

Foto: Dirk Lotze

Für einen hinterhältigen Betrugsanruf sollte ein 37-Jahre alter Angeklagter ins Gefängnis. Er habe 2015 eine 83 Jahre alte Seniorin aus Neviges um 15 700 Euro betrogen. Mit einem Komplizen habe er vorgetäuscht, als Polizist zu ermitteln: Die Frau habe Falschgeld im Haus. Sie müsse alle Scheine zur angeblichen Kontrolle abgeben. Das Amtsgericht in Wuppertal sprach den Mann jetzt frei. Der einzige Belastungszeuge – der mutmaßliche Komplize – hatte widersprüchlich ausgesagt. Richter Christopher Trechow erklärte: „Ich glaube den Vorwurf. Aber für eine Verurteilung reicht das nicht.“

Am Rand eines Großverfahrens vor dem Wuppertaler Landgericht 2017 hatte der mutmaßliche Haupttäter den 37-Jährigen erstmals belastet. Er hatte zugegeben, die Seniorin am 30. Juli 2015 von der Kö in Düsseldorf aus angerufen zu haben – als angeblicher Kommissar. Der 37-Jährige sei sein Fahrer gewesen. Die Frau habe ihnen ihr gesamtes Bargeld übergeben – voller Vertrauen, es nach einer angeblichen Kontrolle zurück zu erhalten.

Einem Zeugen zufolge hatte ein Täter die Frau in ihrer Wohnung angebrüllt und restlos verängstigt: „Sobald ich das Wort Polizist erwähnte, wurde sie blass, dass ich dachte, ich muss einen Arzt rufen.“

Der neue Prozess war außergewöhnlich: Richter und Staatsanwälte sagten als Zeugen über ihr früheres Verfahren aus. Der mutmaßliche Haupttäter habe damals erst nach Monaten erklärt: „Mir ist eingefallen, dass ein Schwager dabei war. Ich will reinen Tisch machen.“ Dann habe er Namen und Geburtsdatum des 37-Jährigen genannt.

Der bestritt die Vorwürfe. „Ich habe Streit mit der ganzen Familie, weil ich mich nicht an deren krummen Touren beteilige.“ Der mutmaßliche Komplize beschuldige ihn falsch.

Richter Trechow bemängelte: Der Belastungszeuge habe wechselnd ausgesagt. Er habe sich erstmals im aktuellen Prozess sicher gezeigt, dass der Angeklagte sogar noch bei einer weiteren Tat dabei gewesen sei: „Keiner von beiden hat nur gelogen oder nur die Wahrheit gesagt.“

Dem Angeklagten verdeutlichte der Richter: „Die Tat war menschlich das Allerletzte. Die Frau ist daran zu Grunde gegangen. Was das moralisch bedeutet, werden Sie sich vielleicht eines Tages fragen. Dafür bin nicht zuständig.“

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Monate Gefängnis gegen den 37-Jährigen beantragt. Sie kann Berufung einlegen. Der mutmaßliche Haupttäter verbüßt derzeit mehr als neun Jahre Haft. Der 37-Jährige sitzt wegen einer anderen Verurteilung ebenfalls Strafhaft ab.