Abgekapselt statt abgelenkt: Tipps und Tools für Konzentration am PC

Berlin (dpa/tmn) - Nur schnell eine E-Mail lesen, nur kurz etwas im Netz nachschauen, und dann vertrödelt man doch eine Stunde im Internet. Das Problem mit der Ablenkung am Rechner kennt fast jeder. Kleine Tricks und drakonische Software können helfen.

Das Internet ist eine großartige Erfindung und gleichzeitig der schlimmste Feind jeder Produktivität. Ein neugieriger Klick, und schon landen Surfer nicht bei dem Artikel, den sie eigentlich nachschlagen wollten, sondern mitten in Forendiskussionen, Promi-News oder Katzenvideos. Und selbst wer zwischendurch nicht privat surft, wird durch wichtige E-Mails, Anrufe oder andere Nachrichten schnell von dem abgelenkt, was er gerade eigentlich tun will.

Alles eine Frage der Disziplin? Nein, sagt der Produktivitätstrainer Ivan Blatter. Teilweise sei das Multitasking, also das ständige Springen zwischen Aufgaben, einfach Teil der heutigen Arbeitswelt. „Das ist keine produktive Arbeitsweise, da gibt es unzählige Studien zu“, sagt er. „Man kommt aber trotzdem nicht drum herum.“ Wichtig sei aber, sich gleichzeitig „stille Zeiten“ zu erkämpfen, in denen man nicht erreichbar ist und konzentriert an einer Sache arbeitet - am besten für mindestens 30 bis 90 Minuten am Tag.

Dabei helfen können Programme wie Freedom, das es für 10 US-Dollar (etwa 7 Euro) im Netz gibt: Innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums, zum Beispiel von 30 bis 90 Minuten, schaltet die Software den Internetzugang komplett ab. Muss der Nutzer doch einmal wieder ins Netz, hilft nur ein Neustart des Rechners.

„Das Programm kappt einfach die Netzwerkverbindung und baut sie nach Ablauf eines Countdowns wieder auf“, erklärt Axel Vahldiek von der Computerzeitschrift „c't“ die Funktionsweise von Freedom. „Sofern der Netzwerktreiber mitspielt, spricht da nichts gegen.“ Allerdings sei das Programm dadurch auch fast überflüssig. Den Internetzugang kann schließlich jeder Nutzer selbst abschalten. Ein Netzwerkkabel ist schnell gezogen, und die meisten Notebooks haben einen physischen Schalter, der das WLAN deaktiviert. Im Zweifelsfall wird einfach der Router abgeschaltet.

Wer das Netz nicht zum Arbeiten braucht, kann sich so ganz auf seine Arbeit konzentrieren. Wer gelegentlich etwas nachschauen oder berufliche E-Mails verschicken muss, nimmt sich so aber die Arbeitsgrundlage. Praktischer in solchen Fällen ist das kostenlose Programm Cold Turkey für Windows, Mac-Nutzer greifen zum Beispiel zu SelfControl. Mit beiden Helfern werden nur bestimmte Seiten oder Dienste gesperrt, die besonders viel Zeit fressen, darunter zum Beispiel Facebook, Twitter und YouTube. Der Nutzer kann auch eigene Sperrlisten anlegen, der Rest des Internets steht aber weiterhin offen.

Im Vergleich zu Freedom lässt sich Cold Turkey, einmal aktiviert, auch nicht ohne weiteres austricksen: Über den Taskmanager ist es nicht abschaltbar, auch ein Neustart des Rechners lässt die Sperre unbeeindruckt. Selbst die Deinstallation funktioniert nicht ohne weiteres, denn dazu ist ein kleines Tool notwendig, das extra von der Webseite des Entwicklers heruntergeladen werden muss. Der Nutzer ist also relativ sicher von allen Ablenkungen abgekapselt.

Manchmal meint es das Programm aber offenbar auch zu gut. In Internetforen finden sich zahlreiche geplagte Nutzer, denen Cold Turkey und ähnliche Programme zum Beispiel nach einem fehlerhaften Update dauerhaft Teile des Internets gesperrt haben. Entfernen lässt sich das Tool dann nur noch durch die Systemwiederherstellung oder über die Registrierungsdatenbank von Windows - für Laien ist das eher nicht zu empfehlen.

Andere Programme gegen Ablenkung setzen nicht auf Sperren, sondern wollen den Nutzer beim Zeitmanagement unterstützen. Viele von ihnen setzen auf die populäre sogenannte Pomodoro-Methode für Zeitmanagement. Das bedeutet: 25 möglichst unterbrechungsfreie Minuten pro Aufgabe. Zu den kostenlosen Programmen, die die Methode verwenden, gehören zum Beispiel Focus Booster und Pomodairo. Gesperrt wird mit den Timern aber nichts. Disziplin muss der Nutzer also selbst mitbringen.