Alibaba-Chef Jack Ma: Das Krokodil vom Jangtse
Peking (dpa) - Jack Ma ist der „geistige Vater“ von Alibaba. Obwohl ihm sowohl technische als auch geschäftliche Vorkenntnisse fehlten, gründete der Englischlehrer das Unternehmen 1999 in seiner kleinen Wohnung in Hangzhou.
In der ostchinesischen Stadt ist heute noch der Firmensitz. Sein Lebensweg war holprig. Zweimal fiel Ma bei der Aufnahmeprüfung durch, bevor er 1988 an der Pädagogischen Universität angenommen wurde, wie chinesische Medien berichten. Er tat sich schwer, einen Job zu finden. Auch die Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) wollte ihn nicht als Manager anheuern.
Heute genießt der 49-Jährige geradezu Kultstatus. Bei den jährlichen „Alifest“ genannten Mitarbeiterversammlungen, zu denen schon der frühere US-Präsident Bill Clinton oder Basketballstar Kobe Bryant eingeladen wurden, wird Ma wie ein Rockstar gefeiert. Auch gibt der Alibaba-Chef jungverheirateten Mitarbeiten persönlich seinen Segen. „Seine exzentrischen Auftritte und seine Fähigkeiten haben eine religiöse Atmosphäre unter den Mitarbeitern von Alibaba geschaffen“, stellte die Finanzwebseite „Dongfang Caifuwang“ fest.
Er wird als der Chinese gepriesen, der den Internetriesen eBay in die Schranken gewiesen hat. Seine Strategie enthüllte Ma 2005: „EBay mag ein Hai im Ozean sein, aber ich bin das Krokodil im Jangtse-Strom. Wenn wir im Ozean zum Kampf antreten, werden wir verlieren - aber wenn wir im Fluss kämpfen, werden wir gewinnen.“ Neun Jahre später überquert das Krokodil den Pazifik und lauert an der Wall Street, die schon lange nicht mehr so auf einen Börsengang gespannt war.
„Alle unsere Wettbewerber sind im Silicon Valley, nicht in China“, sagt Ma in einer Filmdokumentation und ermuntert seine Mitarbeiter, sich nicht unterkriegen zu lassen: „Wir haben genauso viel im Kopf wie die.“ Heute tritt er nicht nur gegen Internetgiganten aus Kalifornien an, sondern auch gegen mächtige Staatsbanken in China. Sein Führungsstil gilt als legendär: „Seine Entscheidungen sind rein intuitiv“, werden Kollegen in Medienberichten immer wieder zitiert.
Seinen persönlichen Reichtum lässt der Milliardär jetzt auch in eine Stiftung fließen und tritt damit in die Fußstapfen anderer Wohltäter wie Bill Gates, Warren Buffett oder Michael Bloomberg. Im April rief Ma gemeinsam mit seinem Alibaba-Mitgründer Joe Tsai mit zwei Prozent der Aktienoptionen eine Wohltätigkeitsorganisation ins Leben. Der Fonds könnte nach dem Börsengang laut Berechnungen des „Wall Street Journal“ über Kapital von rund drei Milliarden Dollar verfügen.
Damit schlägt Ma für China, wo sich karitative Organisationen wegen behördlicher Beschränkungen schwertun, ein neues Kapitel auf. Der Vater zweier Kinder ist beunruhigt über zunehmende Krebserkrankungen in seiner Familie oder unter Mitarbeitern. Die wachsende Umweltverschmutzung sieht er als eine Ursache. „Wir hoffen, in einer Welt mit blauerem Himmel, saubererem Wasser und besserem Zugang zu medizinischer Versorgung zu leben“, sagt Ma. Er wolle seinen Beitrag leisten und sich um Umwelt, Gesundheit und Bildung kümmern. „Sorgen und Klagen können die gegenwärtige Situation nicht ändern.“