Alternative Betriebssysteme jenseits von Google und Apple
Barcelona (dpa) - Google und Apple dominieren mit ihren Handy-Systemen den Markt. Doch dahinter gibt es Bewegung: Mehrere Firmen wollen eine Alternative liefern, insbesondere in Schwellenländern. Für Nutzer könnte das auch hierzulande zu mehr Vielfalt führen.
Im Geschäft mit Smartphones kommt man derzeit nicht an Google und Apple vorbei. Mehr als 93 Prozent aller Computerhandys, die 2013 ausgeliefert wurden, liefen mit iOS von Apple oder einer Variante des Android-Systems von Google. Doch auf dem Mobile World Congress (24. bis 27. Februar) in Barcelona haben sich zahlreiche Davids in Stellung gebracht, um den beiden Goliaths Marktanteile abzujagen.
Welches Betriebssystem auf dem eigenen Handy läuft ist wichtig, weil Apps daran angepasst werden. Nutzer wollen Auswahl und die neuesten Zusatzprogramme, die Entwickler der Apps wollen wiederum möglichst viele Handybesitzer erreichen. Das stärkt die Stellung der beiden Marktführer: Weil die Systeme von Google und Apple auf Millionen Geräten laufen, gibt es für sie auch die meisten Apps.
Die kleinen Angreifer wollen dennoch Nutzer für sich gewinnen. Da ist zum einen Sailfish. Das Betriebssystem wird von der finnischen Firma Jolla entwickelt, die größtenteils aus ehemaligen Mitarbeitern von Nokia besteht. Jolla vertreibt ein eigenes Handy, das Jolla-Phone. Bisher lief Sailfish nur auf diesen Handys - außer, Nutzer installieren das Betriebssystem selbst auf ihren Android-Geräten. Das ist nicht ganz einfach und zumindest in Europa weitgehend unbekannt, gibt Jolla-Ingenieur Carsten Munk zu.
Innerhalb der kommenden sechs Monate will Jolla daher eine Version des Programms kostenlos zum Herunterladen auf der Firmenwebseite zur Verfügung stellen. Sie kann direkt auf Android-Handys installiert werden. Jolla zielt damit besonders auf ältere Geräte, die von den Herstellern nicht mehr mit neuer Software versorgt werden. „Viele dieser Geräte sind immer noch vollkommen in Ordnung“, sagt Munk. Ihnen will Jolla mit Sailfish neues Leben verschaffen.
Der Clou: Auf Sailfish laufen auch Apps, die für Android-Geräte entwickelt wurden. Nur für ihre Installation müssen Nutzer einen Umweg machen. Denn eine Vereinbarung mit Google, die Zugang zum offiziellen App-Store Google Play gewähren würde, hat Jolla nicht.
Während Jolla das eigene Betriebssystem auf fremde Geräte bringen will, setzen Mozilla und Canonical auf eigene Handys mit ihrer jeweiligen Software.
Mozilla entwickelt neben dem Firefox-Internetbrowser auch das Handysystem Firefox OS. Dafür wurden auf der Mobilfunkmesse in Barcelona zahlreiche neue Geräte vorgestellt, etwa von ZTE, Alcatel und LG. Zwar sind die Geräte besser ausgestattet als ihre Vorgänger, bleiben aber deutlich hinter aktuellen Spitzenmodellen zurück.
Mozilla konzentriert sich mit seinem Vorstoß auf Schwellenländer. Hier werden in den nächsten Jahren Millionen Menschen von einfachen Klapphandys auf internetfähige Smartphones umsteigen, erwarten Marktforscher. Dabei werden vor allem einfache Geräte gefragt sein. „Wir haben uns die Herausforderung vorgenommen, mit günstigen Handys zu starten“, sagte die Vorsitzende der Mozilla-Stiftung, Mitchell Baker.
Das könnte aufgehen. „Firefox OS hat die besten Chancen von allen alternativen Betriebssystemen“, sagt Analystin Annette Zimmermann von dem Marktforscher Gartner. „Die Strategie wird aber weitgehend nur für Schwellenländer funktionieren.“
Ubuntu-Handys sollen dagegen auch Kunden in Industrieländern ansprechen. Wie bei dem finnischen Sailfish konnten bisher nur Kenner die Software auf ihren Geräten installieren. Bis Ende des Jahres soll es nun eigene Ubuntu-Handys geben. Sie seien für Menschen, „die eine offene Plattform zu schätzen wissen“, sagt Rick Spender, Chefentwickler bei der hinter Ubuntu stehenden Firma Canonical. Der Quellcode für Ubuntu ist im Internet veröffentlicht, das haben die kleinen Anbieter gemeinsam. „Es gibt einen großen Hunger nach Alternativen zu iOS und Android“, sagt Spencer.
Das bestätigt Gartner-Analystin Zimmermann. Hersteller von Android-Geräten hätten es immer schwerer, sich von der Konkurrenz abzusetzen. Doch letztlich entscheiden die Käufer. „Der Nutzer will, dass seine verschiedenen Geräte wie Tablet und Smartphone miteinander funktionieren, und bald kommen noch weitere Geräte wie Fitnessbands und Smart Watches dazu.“ Entscheidend sei daher, dass die Geräte untereinander verbunden werden können.