Apple und Microsoft kaufen Nortel-Patentschatz

New York (dpa) - Rückschlag für Google: Das kostbare Patent-Arsenal des gescheiterten Telekom-Ausrüsters Nortel geht an eine Gruppe von sechs Schwergewichten der IT-Branche um Apple, Microsoft und Sony.

Der frühe Interessent Google, der die Patente für seine Mobilfunk-Plattform Android braucht, ging damit leer aus.

Das Konsortium sicherte sich den Zuschlag bei einer Auktion mit einem Gebot von 4,5 Milliarden US-Dollar (3,1 Mrd Euro), wie das insolvente kanadische Unternehmen am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte. Weitere Mitglieder sind der schwedische Netzwerk-Ausrüster Ericsson, der Blackberry-Anbieter Research in Motion (RIM) und der Speicherspezialist EMC.

Das Nortel-Paket gilt als eine Schatztruhe. Bei den rund 6000 Patenten und Patentanträgen geht es um wichtige Technologien für Mobilfunk und WLAN, aber auch für die Internet-Suche oder Online-Netzwerke. Einige Patente betreffen auch den nächsten schnellen Datenfunk-Standard LTE. Dem Deal muss noch der für Nortel zuständige Insolvenzrichter zustimmen. Ein Abschluss wird für das dritte Quartal erwartet.

Google war außerordentlich an den Patenten interessiert. Sein Mobilfunk-Betriebssystem Android steht aktuell im Visier vieler Patentklagen. Und mit dem Nortel-Paket hätte Google Verhandlungsmasse aufbauen können. Der Internet-Konzern hatte schon frühzeitig ein Gebot von 900 Millionen Dollar abgegeben. Die US-Wettbewerbshüter hatten Google auch bereits grünes Licht für den Kauf der Patente gegeben.

„Kein anderer großer Player der Branche benötigt Patente so dringend wie Google“, betonte der deutsche Patentexperte Florian Müller, der die Streitigkeiten in der Mobilfunk-Industrie beobachtet. „Um Android gibt es bereits 45 Patentklagen und Hersteller von Geräten auf Basis des Betriebssystems müssen an dutzende Rechteinhaber zahlen.“ Google hätte zwar auch mit den Nortel-Patenten das Problem nicht auf einen Schlag lösen können - aber eine viel bessere Verhandlungsposition bekommen, sagte Müller der dpa. Der Preis bei der Auktion schoss nach seiner Einschätzung in die Höhe, weil es den Bietern nicht nur darum ging, die Patente zu bekommen, sondern auch darum, sie von anderen fernzuhalten.

Google-Manager Kent Walker schrieb in einer E-Mail an die „New York Times“, der Ausgang der Auktion sei „enttäuschend für alle, die glauben, dass offene Innovation gut für die Nutzer ist und Kreativität und Wettbewerb fördert.“

Informationen über eine Branchenfront gegen Google waren in US-Medien schon vor einiger Zeit aufgetaucht. Microsoft, Nokia, Hewlett-Packard sowie die amerikanischen Telekom-Konzerne AT&T und Verizon hatten demnach Einwände gegen einen Verkauf an Google vorgebracht. Zugleich mussten Technologiekonzerne befürchten, dass Finanzinvestoren sich die Patente greifen, um sie dann zur Kasse zu bitten.

Der Beitrag der Partner zum Kaufpreis ist unterschiedlich, wie aus vereinzelten Mitteilungen der Unternehmen hervorgeht. So bezifferte Ericsson seinen Anteil auf 340 Millionen Dollar, Blackberry-Anbieter RIM ist mit 770 Millionen dabei.

Die Konkurrenten im hart umkämpften Smartphone-Markt überziehen sich immer häufiger mit Patentklagen. So werfen sich aktuell Apple und Samsung gegenseitig Ideenklau vor. Erst kürzlich beendeten Apple und Nokia einen jahrelangen Streit. Besonders häufig wird aber Android angegriffen - und Google kann als Neueinsteiger im Mobilfunk-Geschäft nicht auf ein eigenes großes Patentarsenal bauen, um einen Deal auszuhandeln oder zurückzuklagen.

Über Sony und Ericsson ist auch ein Teil des Android-Lagers auf den Deal aufgesprungen. Der Hersteller Sony Ericsson, in dem die beiden Konzerne ihre Handy-Sparten zusammengelegt hatten, setzt massiv auf das Google-Betriebssystem. Ohnehin gibt es aktuell den Trend, dass einige Android-Anbieter direkt Patentlizenzen erwerben, ohne auf den Ausgang von Klagen gegen Google abzuwarten.

Nortel, einst einer der führenden Telekom-Ausrüster der Welt, war 2009 nach Milliardenverlusten in der Wirtschaftskrise pleitegegangen.