BGH: Google muss beleidigende Suchvorschläge löschen

Karlsruhe (dpa) - Muss der Einzelne beleidigende Vorschläge in Suchmaschinen dulden? Nein, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH). Er gab damit der Klage eines Unternehmers gegen Google recht. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die Klage von Bettina Wulff.

Google muss automatische Suchvorschläge löschen, wenn sie die Persönlichkeitsrechte von Nutzern verletzen. Auch automatische Ergänzungen könnten die Rechte von Personen verletzen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Dienstag (14. Mai) verkündeten Grundsatzurteil. Konkret gab der BGH einem Unternehmer recht, der den Internetkonzern Google verklagt hatte(Az. VI ZR 269/12). Die Suchmaschine ergänzte seinen Namen automatisch um die Begriffe „Scientology“ und „Betrug“. Google erklärte, die Begründung des Urteils sei nicht nachvollziehbar.

Google verweist darauf, dass Nutzer auch in der Vergangenheit schon per Internetformular die Löschung bestimmter Kombinationen hätten verlangen können - auch bei der Vervollständigungsfunktion. Zahlen, wie häufig diese Möglichkeit schon genutzt worden sei, gebe es aber nicht, sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck. Die umstrittene automatische Funktion zeige aber ohne jede Wertung nur Begriffe an, die im Netz häufig aufgerufen würden. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, „dass Google für die von Nutzern eingegebenen Suchbegriffe haften soll“.

Dennoch: Auch rein technisch erzeugte Suchvorschläge könnten Persönlichkeitsrechte verletzen, entschied der BGH, und nahm die Betreiber von Suchmaschinen in solchen Fällen in die Pflicht. Die Begriffe tauchten schließlich nicht rein zufällig auf. Nutzer könnten den Eindruck gewinnen, dass es inhaltliche Zusammenhänge unter den Begriffen gebe. Suchmaschinenbetreiber müssten die Ergänzungen zwar nicht vorab grundsätzlich überprüfen. Wenn sie von einer Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt werden, müssten sie diese jedoch unterbinden.

Im konkreten Fall hoben die BGH-Richter ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln auf. Dort muss der Fall nun zum Teil neu verhandelt werden. Der Firmengründer hatte Google verklagt, weil bei der Suche nach seinem Namen die Begriffe „Scientology“ und „Betrug“ ergänzt wurden, die er als geschäftsschädigend ansah. Das OLG muss jetzt prüfen, ob durch diese Kombinationen wirklich die Rechte des Unternehmers verletzt worden sind.

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf die Klage von Bettina Wulff gegen Google, denn deren Prozess war wegen dieses Urteils verschoben worden. Gernot Lehr, Anwalt der Noch-Ehefrau des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, begrüßte die Entscheidung. Sie bestätige, dass die Klage von Frau Wulff notwendig gewesen sei, sagte Lehr.

Bettina Wulff war gegen Google vor das Landgericht Hamburg gezogen. Bei der Suche nach ihrem Namen waren automatisch die Begriffe „Rotlicht“ oder „Escort“ ergänzt worden, die bei Nutzung auch auf eine Reihe von Suchtreffern führten. Anders liege es aber bei dem am Dienstag vor dem BGH verhandelten Fall, sagte Google-Sprecher Oberbeck. Hier habe es keinerlei Verbindung zwischen den automatisch ergänzten Suchbegriffen und den Suchresultaten gegeben.

Google hat seit 2009 die Funktion der automatischen Vervollständigung (Autocomplete) in seine Suchmaschine integriert, auch Microsofts Suchmaschine Bing bietet diese Funktion. Sie soll den Nutzern unnötige Tipparbeit ersparen.