Kritik an „Sperrung auf Zuruf“ BGH-Verhandlung: Beleidigung im Suchtreffer - haftet Google?
Karlsruhe (dpa) - Wie müssen Suchmaschinen mit möglichen Verstößen gegen das Persönlichkeitsrecht umgehen? Über diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Konkret ging es darum, ob Google Links auf Webseiten sperren muss, auf denen die Kläger ihrer Ansicht nach beleidigt worden sind.
Dafür müsste der Suchmaschinen-Betreiber zunächst bestimmte Prüfpflichten haben. Google sei nicht gehalten, jede gefundene Seite vorab auf verletzende Inhalte zu prüfen, sagte der Vorsitzende Richter, Gregor Galke, während der mündlichen Verhandlung. „Das würde die Suchmaschine praktisch lahmlegen.“ Anders könne dies sein, wenn Google auf rechtsverletzende Inhalte hingewiesen werde.
Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Köln, hatte hohe Anforderungen daran gestellt, wie ein solcher Hinweis aussehen muss. Die behauptete Rechtsverletzung müsse „offensichtlich erkennbar“ sein. Der Vortrag der Kläger sei zu ungenau gewesen. Der BGH überprüft das nun. Ein Urteil wird es erst am 6. Februar geben. (Az. VI ZR 489/16)
An dem Maßstab des OLG Köln hatte selbst Kläger-Anwalt Frank Seiler nichts auszusetzen - sehr wohl aber an der Anwendung. Einer der Kläger sei online als „Arschkriecher“ und „Terrorist“ bezeichnet worden - ein klarer Fall einer rechtswidrigen Anprangerung.
Aus Sicht von Google-Anwalt Thomas Winter ist seine Mandantin dagegen schon der falsche Ansprechpartner: Der Streit müsse in erster Linie zwischen den beiden Beteiligten, also dem Autor der Äußerung und dem Betroffenen, geführt werden. Der Betreiber einer Suchmaschine habe weder die Kompetenz noch die Autorität zu entscheiden, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliege, sagte Winter. „Wir sind das Navi, aber wir sind nicht das Ziel. Wir haben nichts damit zu tun, was Sie am Ziel erwartet.“
Sollte der BGH an der Sichtweise des OLG Köln festhalten, befürchtete Winter ein „Overblocking“, also die weitreichende Sperrung von umstrittenen Äußerungen, selbst wenn die nicht rechtswidrig seien. Für ein Unternehmen sei nämlich die Sperrung von Suchtreffern die naheliegende Lösung, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Eine solche „Sperrung auf Zuruf“ könne aber nicht die Reaktion sein, die man sich wünsche.
Geprüft würden mögliche Rechtsverletzungen bei Google dennoch schon lange, sagte Unternehmenssprecher Henning Dorstewitz. Ob ein Ergebnis in den Suchtreffern entfernt werde, hänge dann vom Einzelfall ab. „Sofort sperren wir zum Beispiel Bilder von sexuellem Missbrauch.“ Denkbar sei aber auch der Fall, dass ein Politiker einen Artikel, über den er nicht glücklich ist, aus den Suchtreffern verschwinden lassen wolle. „Der Graubereich dazwischen ist sehr groß.“