„Button-Lösung“ soll Abzocke im Netz stoppen
Berlin (dpa) - Völlig entsetzt war der zwölfjährige Aaron, als er einen Brief bekam, in dem er zur Zahlung von monatlich sieben Euro aufgefordert wurde - für eine Software zum Anschauen von Filmen, die er im Internet heruntergeladen hatte.
Der Schüler hatte auf der Webseite des Anbieters seinen Namen und seine E-Mail-Adresse angeben müssen. Dass die Software so viel Geld kosten sollte, war für ihn nicht erkennbar. Tausende sind in solche Abo-Fallen getappt. Das soll jetzt endlich anders werden.
Die am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene „Button-Lösung“ verpflichtet die Anbieter von kostenpflichtigen Diensten im Internet dazu, ihre Kunden vor einer Bestellung deutlich auf Kosten und Vertragsbedingungen hinzuweisen.
Danach muss eine spezielle Schaltfläche („Button“) angeklickt werden, mit der ein Nutzer bestätigt, dass er oder sie das Produkt verbindlich bestellt. Nur wenn der Verbraucher die Zahlungspflicht auf diese Weise anerkannt hat, ist er an den Vertrag gebunden. Die entsprechende Gesetzesänderung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) „zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr“ muss noch vom Bundestag verabschiedet werden.
Bislang sind etliche Anbieter von Internet-Diensten sehr findig darin, Kostenhinweise auf ihren Webseiten zu verstecken. Monat für Monat gehen Internet-Nutzer so unwissentlich eine vertragliche Verpflichtung ein, sobald sie die angebotene Dienstleistung nutzen.
Der gutgläubige Besucher einer solchen Website gibt seine persönlichen Daten in ein Online-Formular ein. Dann wartet der Anbieter meist, bis die gesetzliche Widerspruchsfrist von zwei Wochen abgelaufen ist, ehe er die erste Rechnung schickt.
„Es ist richtig, den Unternehmen das Leben schwer zu machen, die Abofallen für ein tragfähiges Geschäftsmodell halten“, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Dieter Kempf, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Die „Button-Lösung“ erhöhe die Transparenz für die Verbraucher. Aber auch heute schon seien die meisten Verträge aus Abofallen rechtswidrig, betonte Kempf. „Viele Betroffene lassen sich allerdings von den Mahnschreiben der Anwälte ins Bockshorn jagen und zahlen dann.“ Hier gebe es noch Aufklärungsbedarf, dass man sich gegen ungerechtfertigte Mahnschreiben auch rechtlich zur Wehr setzen könne.
Viele Opfer, die in eine Abofalle getappt sind, leiden aber unter der psychischen Belastung. „Da wird ein enormer Druck aufgebaut und eine Drohkulisse inszeniert, die Verbrauchern viel Angst macht“, erklärte Steffen Küßner von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Mit der gesetzlichen „Button-Lösung“ werde nun für alle deutlich, dass die Ansprüche aus Kostenfallen unberechtigt seien.
Eine Übersicht des vzbv listet insgesamt 54 Kostenfallen im Netz auf, von denen einige bereits geschlossen wurden. In anderen Fällen aber verliefen die juristischen Bemühungen der Verbraucherschützer im Sande - etwa wenn der Firmensitz eines Anbieters auf den Jungferninseln liegt: „Das Verfahren wurde eingestellt.“
Da die „Button-Lösung“ einer EU-Richtlinie folgt, bestehe nun „perspektivisch eine europaweite Lösung“, sagte Verbraucherschützer Küßner. Außerhalb davon sei es zwar sehr schwierig, gegen zwielichtige Anbieter vorzugehen. „Die Hauptbotschaft ist aber, dass die Verbraucher auf solche Forderungen nicht eingehen müssen.“
Nachholbedarf für den Gesetzgeber sehen die Verbraucherschützer noch bei mobilen Internet-Diensten. „Smartphones können ein Schlupfloch für Abzocker sein, das konsequent geschlossen werden muss“, forderte die vzbv-Rechtsexpertin Jutta Gurkmann. Über ein Werbebanner könnten die Betreiber von Abofallen an die IP-Adresse der Nutzer gelangen. „Ein Klick auf ein Werbebanner kann dann dazu führen, dass unseriöse Anbieter über den Telefonprovider Beträge für eine fiktive Dienstleistung in Rechnung stellen und einfach das Konto der Mobilfunknutzer belasten.“
Bei Betrug und Abzocke auf dem Handy wollen aber auch die Mobilfunkanbieter aktiv werden. Die Branche bereitet ein technisches Kontrollsystem für Anbieter von Klingelton- oder Spiele-Anbietern vor, die ihre Gebühren über die Mobilfunkrechnung einziehen. Im Mittelpunkt der Lösung steht eine Online-Plattform mit der Bezeichnung „Kompetenzzentrum Mehrwertdienste“, auf der alle Anbieter solcher webbasierten Dienste die wesentlichen Informationen wie Preis, eventuelle Abo-Laufzeiten und Kündigungsfrist angeben müssen.
Mit diesen Daten wird ein Quell-Code generiert, der in die Website des Angebots eingebunden wird. Innerhalb des auf der zentralen Plattform erzeugten Fensters wird der Kunde auch durch den Bezahlvorgang geführt. Wenn jemand das Produkt zum genannten Preis kaufen will, gibt er seine Handy-Nummer ein und erhält dann per SMS eine einmalige Transaktionsnummer (TAN). Diese gibt er im Fenster auf der Webseite noch einmal ein und bestätigt dann den Kauf. Das System befindet sich zurzeit in der Vorbereitung.
Der Fall des zwölfjährigen Aaron ging übrigens glimpflich aus: „Wir haben die Ratschläge befolgt, die wir im Netz gefunden haben und sind einfach nicht darauf eingegangen“, sagte sein Vater Carsten. „Irgendwann war der Spuk dann vorbei.“