CeBIT wächst erstmals seit zehn Jahren - etwas
Hannover (dpa) - Alles neu macht der März: Die weltgrößte IT-Messe CeBIT hofft mal wieder, ein Modell für die Zukunft gefunden zu haben. Immerhin: Der Ausstellerschwund ist gestoppt, mit Cloud Computing steht ein heißer Trend im Mittelpunkt.
Jetzt müssen die Verbraucher zurückkommen.
Es ist schon so beständig wie der Kreislauf der Natur: Der März kommt und die CeBIT erfindet sich neu. Diesmal sollen ein Vier-Säulen-Modell und das Leitthema Cloud Computing der weltgrößten IT-Messe verlorene Anziehungskraft zurückgeben. Es ist der jüngste von mehreren Umbau-Versuchen, der auch eine wichtige Kehrtwende bringt: Die Verbraucher, in den vergangenen Jahren von großen Ausstellern oft als „Tütenträger“ belächelt, sind wieder willkommen auf dem weitläufigen Messegelände in Hannover. Ob sie auch zurückkehren, wird man erst Ende der Woche wissen.
Immerhin ist die CeBIT 2011 wieder etwas gewachsen - zum ersten Mal seit zehn Jahren, wie Messevorstand Ernst Raue am Montag betonte. Die Ausstellerzahl kletterte von 4150 vor einem Jahr auf „mehr als 4200“. Genaue Zahlen will die Messe erst zum Abschluss nennen. Damit hat die CeBIT allerdings immer noch weniger Aussteller als nach dem massiven Einbruch 2009. Damals rasierte die Wirtschaftskrise auf einen Schlag ein Viertel der Aussteller weg, es blieben immer noch 4300.
Schon vor vier Jahren wurde offen von einer Krise gesprochen. Die Zahl der Aussteller lag zwar stabil bei rund 6000, die Abwanderung bekannter Unternehmen sorgte aber für Schlagzeilen. Nokia, Samsung, Panasonic, LG - diese und andere große Namen der Tech-Branche nahmen nacheinander Abschied von Hannover. Die CeBIT-Rekordzahlen von 2001 - 8100 Aussteller, 830 000 Besucher - rückten immer weiter in unerreichbare Ferne.
Konkurrenzmessen nahmen den größten IT-Treff der Welt in die Zange: Bei Verbraucherelektronik die CES in Las Vegas und die Funkausstellung IFA in Berlin, im Mobilfunk der Mobile World Congress in Barcelona. Jahr für Jahr kämpfte die CeBIT um Themen, namhafte Aussteller und prominente Köpfe der Branche - mit durchwachsenem Erfolg. Vor zwei Jahren versuchte die Messe, mit dem Kunstbegriff „Webciety“ auf den Zug des „Web 2.0“ mit seinen boomenden Online-Netzwerken aufzuspringen. Das Partnerland war die Internet-Hochburg Kalifornien, man wollte Leitfiguren wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nach Hannover holen - doch in der Wirtschaftskrise hatten die Web-Firmen eigene Sorgen.
Dieses Jahr kann die Messe wieder etwas mehr Glanz vorweisen. IBM-Chef Sam Palmisano gibt sich die Ehre, Ford-Lenker Alan Mulally ist da, auch EU-Kommissarin Neelie Kroes. Dass die Dichte der Top-Entscheider etwa in Barcelona immer noch deutlich höher ist, sei nicht schlimm, sagt Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. „Nach Hannover kommen Fachbesucher, die auch mal in die Küche gucken wollen. Und in der Küche stehen nun einmal die Köche und nicht immer die Chefs der Restaurants.“ Außerdem müsse man eine Messe nicht an der Zahl der Aussteller, sondern an den abgeschlossenen Geschäften und angebandelten Kontakten messen. Und da sei die CeBIT immer noch die überragende High-Tech-Messe in der Welt.
Mit dem Vier-Säulen-Modell hofft die CeBIT, nach der jahrelangen Suche endlich eine klare Struktur gefunden zu haben, mit der sie kein „Gemischtwarenladen“ mehr ist, aber auch den Normalverbraucher nicht abschreckt. Die vier Bereiche heißen „Pro“ (Geschäftskunden), „Gov“ (öffentliche Hand), „Lab“ (Forschung) und „Life“ (Privatnutzer). Ob damit die Neuerfindung der CeBIT abgeschlossen ist, wird man wohl erst in einem Jahr wissen.