„Code for Germany“: Öffentliche Daten sollen zu Apps werden
Berlin (dpa) - Informationen auf den Internetseiten von Behörden zu finden, gleicht mitunter einem Suchspiel. Eine Stiftung will das ändern. Sie ruft Computerexperten zum „Programmieren für Deutschland“ auf.
Das nächste Date, die Wettervorhersage oder die Pizzalieferung - für alles gibt es eine App. Wer allerdings wissen will, wie weit die nächste Kita entfernt ist oder wo Baustellen den Weg versperren, muss sich oft durch unübersichtliche Webseiten kämpfen. Städte und Gemeinden verfügen zwar über diese Informationen. Doch die Daten verstecken sich teilweise in langen Listen auf den offiziellen Webseiten.
Die Stiftung „Open Knowledge Foundation“ will das ändern. Sie hat das Projekt „Code for Germany“ ins Leben gerufen. Es soll Programmierer anregen, Informationen von öffentlichen Stellen in hilfreiche Apps und Webseiten zu verwandeln. So sollen Bürger schneller Antworten auf ihre Fragen finden.
Beispiele gibt es bereits. In Ulm erstellten Programmierer eine interaktive Karte von Kindertagesstätten. Grüne Häkchen zeigen an, ob dort noch Plätze frei sind, ein rotes Kreuz heißt: alles voll. Die Stadt veröffentlicht diese Informationen auf ihrer Webseite. Doch dort sind die Kitas nach Stadtteilen aufgelistet, sagt Stefan Kaufmann, der an dem Projekt arbeitete. Das sei unübersichtlich, findet er. Die Karte soll Eltern helfen, schneller eine Kita in der Nähe der eigenen Wohnung zu finden.
Generell sind digitale Landkarten ein beliebter Ansatzpunkt: In Berlin erstellten Programmierer eine Übersicht der Altglas-Container, in Hamburg zeigten sie Spielplätze und in Heilbronn Gegenden mit vielen oder wenigen Einbrüchen auf.
Die Entwickler hätten gerne mehr Daten zur Verfügung. „Die wirklich interessanten Datensätze gibt es noch nicht“, sagt Julia Kloiber, die das „Code for Germany“-Projekt leitet. Sie interessiert sich beispielsweise für die genauen Werte zur Luftverschmutzung, möchte wissen, wofür Steuern ausgegeben werden und wer öffentliche Aufträge bekommt.
Die Bundesregierung ging bereits einen Schritt auf die Programmierer zu. Vergangenes Jahr startete sie das Portal GovData, auf dem Datensätze der Bundesbehörden zu finden sind. Die Webseite besuchen 5000 Nutzer pro Monat, erklärt das zuständige Innenministerium - einen Ansturm kann man das nicht unbedingt nennen. Das liegt wohl auch daran, dass es hier nur die Rohdaten gibt. Diese Tabellen voller Adressen und Zahlen begeistern eben wenige Normalbürger. „Interessant wird es erst, wenn es in einer coolen App dargestellt wird“, sagt Jens Fromm vom Fraunhofer Institut.
Fromm rät dennoch zur Vorsicht bei der Veröffentlichung. Daten sollten keine Rückschlüsse auf einzelne Menschen zulassen. Und wenn Entwickler die unterschiedlichen Informationen verknüpfen, könnten soziale Brennpunkte stärker hervorstechen. „Zur Zeit sollte man sich auf Daten konzentrieren, die nicht brisant sind“, sagt der Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT deshalb.
„Code for Germany“ sucht auch deshalb den Austausch mit Behörden. In manchen Städten geschehe das bereits, berichtet Projektleiterin Kloiber. „Sobald man jemanden aus der Verwaltung mit den Entwicklern in Kontakt bringt, baut man Vorurteile automatisch ab.“ Lob gibt es von politischer Seite. „Ich bin wirklich ein großer Fan“, sagte Gesche Joost, die Digitalbotschafterin der Bundesregierung bei der EU, zum offiziellen Startschuss des Projekts. „Code for Germany“ zeige positive Beispiele für die Arbeit mit Daten und nehme so hoffentlich die Angst vor Datensammlung und „Big Data“.
Das Projekt wird finanziell unterstützt vom Internetriesen Google. Ein bisschen habe man überlegt, sagt Kloiber. Doch am Ende stand fest: „Wir haben in der Sache dasselbe Ziel“, Informationen öffentlich zugänglich zu machen.