Crowdinvesting als Startup-Hilfe ist im Aufwind

Pfinztal (dpa) - Die Geschäfte laufen gut, aber das reicht für eine größere Expansion nicht. „Wir wollen raus aus der Nische, rein in den Massenmarkt“, sagt Firmenchef Christopher Fuhrhop.

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Also braucht er Geld, um Marketing und Vertrieb auszubauen. Seine 13-Mann-Firma Restube aus Pfinztal bei Karlsruhe kam 2015 eigenen Angaben zufolge auf knapp 700 000 Euro Umsatz. Verkauft wird Rettungsgerät für Wassersportler: Eine winzige Tasche wird in Sekundenschnelle zur knallgelben Notfall-Boje. Bei der Geldbeschaffung setzt Fuhrhop nun auf „Crowdinvesting“: Er sammelt von Privatanlegern noch gut einen Monat lang Geld über die Internet-Plattform Seedmatch ein.

Mit dieser Finanzierungsmethode folgt Fuhrhop einem Trend, dem sich vor allem kleinere Firmen in Deutschland anschließen. Die Bandbreite der Produkte mit Finanzbedarf ist groß: Es geht um elektrische Surfboards, Ultraleicht-Flieger oder um Kaffeemaschinen, die nicht nur mahlen, sondern auch rösten.

Häufig sind die Startups so klein, dass ihnen der Weg zu Risikokapital-Fonds verschlossen bleibe, erklärt Henry Schäfer von der Universität Stuttgart. Banken wiederum hielten Kredite für zu riskant. „Das Crowdinvesting gewinnt an Momentum und es wird weiter zunehmen“, sagt der Professor. Die Kleinanleger wollten wissen, wofür genau ihr Geld genutzt wird. „Das Geld auf ihr kaum verzinstes Sparbuch tun und keine Ahnung zu haben, was die Bank wiederum mit den Einlagen macht, das reicht heute nicht mehr.“

Warum ausgerechnet der Schwarm helfen soll? Dank der Kampagne auf Seedmatch haben man nun nicht nur mehr als 360 Investoren, sondern auch Multiplikatoren, die sich hochmotiviert für Restube einsetzten. Er bekomme Mails von Neu-Anlegern, die ihn vermitteln wollten an Chefs von Verbänden und Sport-Events. „Plötzlich haben wir ein viel größeres Netzwerk, was uns schon jetzt enorm weiterhilft.“ Etwa 17 000 Bojen habe seine Firma 2015 verkaufen können, künftig sollen es deutlich mehr werden.

Diese Form der sozialen Interaktion hält Wirtschaftsprofessor Schäfer für ein dickes Plus bei der Schwarmfinanzierung. „Bei Startups haben wir häufig Unternehmensgründer, die autonom vor sich hinwirtschaften - durch das Crowdinvesting bekommen sie nun Signale und Feedback“, sagt Schäfer. Dieses Input von außen könne gerade jungen Firmen helfen, bei denen schon kleine Fehlentscheidungen zum Totalcrash führen könnten.

Zu den großen deutschen Plattformen für das Investment aus dem Schwarm zählt neben Seedmatch auch Companisto. Dessen Sprecher André Glasmacher weist auf den Werbefaktor hin: „Ein Crowdinvesting schafft eine große Öffentlichkeit und steigert die Bekanntheit des Unternehmens.“

Noch halten sich die investierten Summen in Grenzen. Nach einer Studie der Universität Oldenburg aus dem Jahr 2014 verdoppelt sich das Volumen jedes Jahr, dennoch lag der Anteil am gesamten Wagniskapital in Deutschland damals bei nur drei Prozent. Laut Bundesverband Crowdfunding flossen 2014 knapp 30 Millionen Euro über Investingmodelle in deutsche Firmen, jüngere Zahlen gibt es nicht.

Was ist der Grund für den Aufwind? „In Zeiten niedriger Zinsen und turbulenter Börsen suchen die Leute renditeträchtige Alternativen“, Thomas Pfister von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er sieht Crowdinvesting aber skeptisch. Denn die Risiken seien hoch, sagt Pfister. „Das ist eine spekulative Anlage und gar nix für die Altersvorsorge.“ Noch sei das ohnehin eine Nischen-Geldanlage - ob die sich im großen Stil durchsetze, stehe in den Sternen.

Selbst Restube-Chef Fuhrhop räumt freimütig ein: „Die Risiken sind genauso groß wie die Chancen.“ Er sei fest davon überzeugt, dass seine Bojen ein Verkaufsschlager und „die Welt verändern werden“. Aber: „Ein Versprechen gibt es nicht“, sagt der 32-Jährige.

Wie viel Rendite es bisher im Schnitt gab? Da man erst 2011 gestartet und die Investitionen zumeist eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren haben, könne man einen Renditekorridor noch nicht benennen, heißt es beim Anbieter Seedmatch. „Renditen, die im Crowdinvesting theoretisch möglich sind, können mit anderen Finanzprodukten nur schwer erwirtschaftet werden“, sagt Seedmatch-Sprecher Tobias Körner und schränkt ein: „Das eingesetzte Kapital kann auch verloren gehen.“ Man habe eine Ausfallquote von 15 Prozent der finanzierten Projekte, was im Vergleich zu den Erwartungen professioneller Wagniskapital-Investoren niedrig sei.

Wirtschaftsprofessor Schäfer hält aus einem anderen Grund große Stücke auf die Schwarmfinanzierung. „Wir brauchen dringend mehr Unternehmergeist und mehr Firmengründungen in Deutschland“, sagt er. „Das Crowdinvesting kann dabei helfen.“