Das Handy als Portemonnaie: Google Wallet gestartet
Mountain View (dpa) - Das noch in den Kinderschuhen steckende Bezahlen per Handy schreitet voran. Google hat am Montag den US-weiten Startschuss für seinen Dienst namens Wallet gegeben. Damit können Besitzer eines Smartphones ohne Bares oder Karte bezahlen.
Die nötigen Daten werden über die im Handy eingebaute Funktechnik NFC (Near Field Communication) an ein spezielles Lesegerät an der Kasse übertragen. Nach der Wunschvorstellung von Google soll das Handy mittelfristig das Portemonnaie überflüssig machen. Noch steht Google Wallet aber nur einer sehr kleinen Zahl an Menschen offen: Nutzer brauchen nicht nur das Google-Smartphone Nexus S, sondern müssen auch noch im Netz des drittgrößten US-Mobilfunkanbieters Sprint sein sowie eine Mastercard-Kreditkarte der Citibank oder eine spezielle Prepaid-Karte von Google besitzen. Auch die Kassen müssen entsprechend ausgerüstet sein.
„Das ist erst der Anfang“, schrieb der für die Bezahldienste zuständige Manager Osama Bedier im Firmenblog. „Unser Ziel ist es, dass Du alle Deine Karten für Google Wallet benutzen kannst.“ Mit Visa, American Express und Discover hat Google weitere große Kreditkarten-Anbieter ins Boot geholt - und nutzt nicht nur deren bereits zahlreich installieren Lesegeräte an den Kassen, sondern auch deren Bezahlabwicklung. So braucht kein Nutzer ein neues Konto oder eine neue Kreditkarte. Nun fehlen noch taugliche Smartphones. „Wir rechnen damit, dass wir Google Wallet in der Zukunft auf mehr Telefone bringen können“, erklärte Bedier.
Das Portemonnaie im Google-Handy hat vier Fächer: Bezahlkarten, Treuekarten, Angebote und Archiv. Mit der zweiten Kategorie will Google die klassischen Angebote wie „der elfte Kaffee ist gratis“ ins digitale Zeitalter holen. Unter den Angeboten finden sich Deals aus Googles eigenem Schnäppchendienst, der gerade erst am Dienstag um den deutschen Groupon-Konkurrenten Citydeal ergänzt wurde.
Dem Vorstoß von Google wird Signalwirkung beigemessen. Seit Jahren wird über das Handy-Bezahlen gesprochen, aber getan hat sich nicht viel. Noch immer dominieren Bargeld oder die Bank- und Kreditkarten. Da Googles Smartphone-Betriebssystem Android inzwischen den größten Marktanteil hat, wird dem Internetkonzern eine starke Position in dem entstehenden Markt vorhergesagt.
Google hatte das System im Mai vorgestellt und einen ersten Testlauf in New York und San Francisco gestartet. Es soll offen sein. Nach Angaben des Unternehmens müssen die Partner keinerlei Gebühren für die Nutzung zahlen. Es werde auch keine Bevorzugung Einzelner geben. Zu den ersten beteiligten Händlern zählen die US-Kaufhauskette Macy's, die amerikanischen Fastfood-Läden von Subways und die Wallgreens-Drogeriemärkte.
Auch wenn Apple vorerst nicht unter den Wettbewerbern sein sollte, muss sich Google auf starken Gegenwind einstellen. Angesichts des erwarteten Milliardengeschäfts drängen viele Rivalen in den Bezahlmarkt der Zukunft: allen voran der Online-Bezahldienstleister PayPal, der Google gleich nach der Ankündigung des Wallet-Dienstes verklagte, weil ehemalige Manager Geschäftsgeheimnisse zum Internetkonzern mitgenommen haben sollen. Überdies habe die drei US-Mobilfunkanbieter AT&T, Verizon und T-Mobile USA ein eigenes Bezahlsystem namens „Isis“ vorstellt.