Das Rätsel um Anonymous
Der Daten-Klau bei der Firma Stratfor liefert skurrile Einblicke in die Hackergruppe.
Düsseldorf. Nach dem großangelegten Diebstahl von Kreditkarten-Daten bei der US-Sicherheitsfirma Stratfor herrscht Rätselraten über die Hintergründe. Selbst die Mitglieder der undurchsichtigen Anonymous-Bewegung scheinen sich nicht darüber im Klaren zu sein, ob ihre Mitglieder für die Tat verantwortlich sind oder nicht. Gestern kursierten sowohl ein Bekennerschreiben als auch ein Dementi. Die Wahrheit dürfte schwer zu finden sein, da bislang kein Mitglied der Gruppierung namentlich bekannt ist. Ein Überblick:
Beschreibungen von Mitgliedern zufolge ist Anonymous eine lose Gruppierung ohne Hierarchie, die sich für die Informationsfreiheit und gegen Zensur einsetzt. Die Mitglieder teilen sich in Netzaktivisten und Hacker auf. Erstere verabreden sich im Internet weltweit zu Protestmärschen und lehnen illegale Aktionen ab.
In der öffentlichen Wahrnehmung wird Anonymous aber vor allem mit Hackern in Verbindung gebracht. Sie werden für Angriffe auf Banken, Unternehmen und Behörden verantwortlich gemacht. In Deutschland wurden Seiten der NPD sowie der Musikverwertungsgesellschaft Gema geknackt. Hierzulande sind Anonymous-Gruppen in Hamburg, München und Berlin bekannt, da deren Mitglieder in den Medien auftauchten.
Ursprünglich entstand Anonymous 2008 als Protestaktion gegen die Scientology-Sekte. Die Mitglieder organisierten Protestmärsche und riefen die Webseite whyweprotest.net ins Leben. Dass sie nur maskiert auftraten, erklärten die Mitglieder damit, dass sie sich vor Racheakten der Sekte schützen müssten. Von Beginn an hat die Gruppe mit Hackern zusammengearbeitet und die Scientology-Seite lahmgelegt.
Da es keine zentrale Organisation gibt, ist die Struktur kaum zu durchschauen. Allerdings hat das FBI im Juli 16 mutmaßliche Anonymous-Hacker festgenommen, weil sie an einem Angriff auf den Bezahldienstleister Pay Pal beteiligt gewesen sein sollen. Auch in den Niederlanden und Großbritannien kam es zu Verhaftungen.
Nach Einschätzung des Piratenpartei-Vorsitzenden und Internet-Experten Sebastian Nerz verliert die Gruppe durch ihre Radikalisierung an Rückhalt. „Mein Eindruck ist: Die Unterstützung, die Anonymous in Teilen der Netzgemeinde hatte, bröckelt.“