Datenschützer rät zur Daten-Enthaltsamkeit
Berlin (dpa) - Der Berliner Datenschutz-Beauftragte Alexander Dix hat sich für eine bewusste Zurückhaltung bei der Sammlung von Daten ausgesprochen. Vor allem Internetkonzerne sollten mehr zur strikten Datenvermeidung übergehen, sagte Dix am Montag in Berlin.
Über das Ausmaß der Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA sei noch viel zu wenig bekannt. „Alles deutet aber darauf hin, dass wir bislang nur die Spitze des Eisbergs gesehen haben.“ Hier sei jetzt vor allem Transparenz gefordert.
„Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um zu vermuten, dass Daten, die zur Terrorabwehr gesammelt werden, auch in ganz anderen Bereichen genutzt werden“, sagte Dix auf dem Kongress „Datenschutz und Datensicherheit“, der noch bis Dienstag in Berlin tagt. Dabei sei die Terrorabwehr zu einem „überwältigenden Killerargument“ geworden.
„Datenschutz ist nach europäischer Vorstellung ein Menschenrecht“, sagte Dix. Europa müsse offensiv für seine Werte eintreten, statt wie bisher etwa bei der Weitergabe von Flugpassagierdaten an die USA Grundrechte zur Disposition zu stellen. Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA sei eine Chance, den Datenschutz in den Verhandlungen zum Thema zu machen. Stattdessen werde der Datenschutz überhaupt nicht erwähnt, und die Verhandlungen liefen sehr intransparent ab. „Datenschutz darf aber keine Verhandlungsmasse sein“, sagt Dix. „Es ist politisch unklug, hier zu lange mit verdeckten Karten zu spielen.“
Der Skandal um das US-Programm PRISM, bei dem die NSA-Behörde laut neuen Enthüllungen in zuvor nicht gekanntem Ausmaß Daten sammelte, war durch den Ex-Geheimdienstler Edward Snowden aufgedeckt worden und hatte weltweit für Empörung gesorgt. Inzwischen wurde bekannt, dass auch britische Spione massiv Daten abgegriffen haben sollen. Sie hätten unter anderem Delegationsmitglieder beim G20-Gipfel 2009 in London ausgespäht, berichtete der „Guardian“.
Der Bundesnachrichtendienst BND plant ebenfalls, seine Kontrollen massiv ausbauen. Für die Ausweitung der Überwachung, wie sie das Innenministerium plane, fehle derzeit aber - noch - die rechtliche Grundlage, betonte Dix. Nach geltendem Recht sei der BND verpflichtet, jeden einzelnen Bürger darüber zu informieren, wenn er überwacht worden ist.
Dix regte auch einen Trend zur „Entnetzung“ an. Das könne für Unternehmen sogar Wettbewerbsvorteile bringen. Als Beispiel nannte der Datenschützer die Spielekonsole Xbox One von Microsoft, die nach der ersten Präsentation unter anderem wegen ihres Online-Zwangs in die Kritik geraten war. Die Xbox One habe bereits jetzt einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Sonys Playstation 4, die nicht vom Spieler verlange, ständig eingeloggt zu sein, schätzt Dix. „Da sollte ein Umdenken stattfinden, um nicht weiter auf die Sammlung von Daten zu setzen.“