Der Brotkasten-Computer: Vor 30 Jahren kam der C64
Las Vegas (dpa) - Viele Gadgets, die auf der CES gezeigt werden, verschwinden bald wieder in der Versenkung. Doch einige verändern die Welt nachhaltig. Zum Beispiel der C64: Vor 30 Jahren stellte Commodore den Heimrechner vor, der dann als meistverkaufter Computer der Welt in die Technik-Geschichte einging.
Er verhalf dem PC zum Durchbruch - und lebt auch Jahre nach seinem offiziellen Ende fort, wenn auch meist nur virtuell. Was Commodore im Januar 1982 auf der damaligen Winter-CES zeigte, hatte mit den heutigen Hochleistungsmaschinen wenig zu tun.
Das klobige Gehäuse erinnerte an einen Brotkasten, im Inneren taten ein Prozessor mit 0,985 Megahertz und 64 Kilobyte Arbeitsspeicher gemütlich ihren Dienst. Eine Festplatte hatte der C64 wie viele andere Rechner damals nicht. Für das Laden und Speichern von Daten gab es eine Datasette - eine Art Kassettenlaufwerk für Computer - und später ein Floppy-Laufwerk, das man mit labbrigen 5,25-Zoll-Disketten fütterte.
Auch eine grafische Benutzeroberfläche, wie sie Apple und Microsoft später populär machen sollten, fehlte. Nach dem Start blinkte ein Cursor auf dem blauen Bildschirm. Zur Bedienung tippte man Befehle ein. Programmierkenntnisse waren dafür aber nicht nötig: Ein paar Kommandos wie „LOAD“ und „RUN“ reichten, um Programme zu starten. Vor allem Spiele.
Denn der C64 war zwar ein echter Computer, auf dem Tüftler in der Programmiersprache Basic eigene Anwendungen schreiben konnten (einige Fachzeitschriften druckten gar Programmcode ab, den Hartgesottene von Hand abtippten). Der Reiz des C64 lag für die meisten aber im riesigen Angebot an Spielen mit farbiger Grafik und passablem Sound.
Da gab es Sportspiele wie „Summer Games“, in denen man beim 100-Meter-Sprint am Joystick rüttelte, bis er kaputtging. Es gab Adventures wie „Maniac Mansion“, in denen man seine Freundin Sandy aus den Händen eines verrückten Wissenschaftlers befreien musste und auf dem Weg dorthin besser nicht den Hamster in die Mikrowelle steckte. Oder das Jump'n'Run-Spiel „Giana Sisters“, deren Protagonistinnen stark an den Nintendo-Klempner Super Mario erinnerte. Viele Fans hatten auch Simulationen, etwa das mittelalterlich angehauchte „Kaiser“ oder die Flugkämpfe in „Ace of Aces“. Selbst in heutigen Titel sind viele Spielkonzepte wiederzufinden - nur mit bedeutenden Verbesserungen bei Grafik und Sound.
Wer von den meist minderjährigen Spielern kein Geld für Software ausgeben wollte, hatte auch so eine große Auswahl. Schnell habe sich eine „illegale Subkultur der Cracker und Kopierer“ im Umfeld des C64 entwickelt, ohne dass die erwachsene Öffentlichkeit davon etwas mitbekommen hätte, schreibt der Journalist Christian Stöcker in seinem Buch „Nerd Attack“. Um das Urheberrecht scherte sich kaum jemand.
Das kurbelte zumindest den Hardware-Verkauf an. Schätzungsweise 22 Millionen C64 gingen über die Ladentheken. Das Gerät von Commodore dabei, den Rechner kinderzimmer- und später salonfähig zu machen. Doch ihm war das Schicksal vieler Technik-Neuheiten beschieden: Irgendwann sind sie hoffnungslos veraltert. Der Hersteller Commodore ging 1994 pleite und stellte die Produktion ein, sein beliebtestes Produkt verschwand mit der Zeit in den Kellern oder im Elektroschrott.
Das heißt: Nicht ganz. Noch heute soll es ein paar Fans geben, die voll Nostalgie auf ihrem „Brotkasten“ daddeln. Und auch auf den modernen Maschinen erfreut sich mancher an „Kaiser“, „Maniac Mansion“ oder „The Last Ninja“: Emulationsprogramme schenken den Klassikern neues Leben. Die meisten Spiele gibt es kostenlos im Netz, wie früher nicht legal, aber leicht zu bekommen.
Mit dem Lebensgefühl der 80er und frühen 90er Jahre versucht eine US-Firma wieder Geschäfte zu machen: Sie hat die Markenrechte für den C64 gekauft und bietet nun im alten Design einen Rechner an, den C64x. An Bord des Retro-Rechners ist ein moderner Intel-Prozessor, der heutigen Aufgaben gewachsen ist. Der Clou: Wer seine Jugenderinnerungen aufleben lassen will, kann in den Klassikmodus wechseln.