Des Rechners Kern - Ein schneller Prozessor ist nicht alles
Hannover (dpa/tmn) - Die Prozessoren-Welt gleicht einem Irrgarten. Die Marketingnamen sagen wenig über Leistung aus, oft macht eine einzige Ziffer in der Produktbezeichnung den Unterschied zwischen Krücke und Rakete.
Und schnell kauft man mehr Power, als man braucht.
Ohne sie läuft nichts: Selbst Waschmaschinen kommen nicht mehr ohne Prozessor (CPU) aus. Doch im Irrgarten der Intel- und AMD-CPUs für Desktop- und Notebook-Rechner ist es für Kunden schwer, den Durchblick zu behalten. Viele Nutzer orientieren sich an High-End-Prozessoren. Doch eine ausgewogene und dem Einsatzzweck angemessene Konfiguration des gesamten Rechners ist meist wichtiger.
„Es gibt krasse Leistungsunterschiede“, sagt Christof Windeck von der Zeitschrift „c't“. Die sparsame Zweikern-CPU im Ultrabook könne sich nicht mit einem Vierkern-Prozessor messen. „Wenn man ein Notebook aber wie ein Business-Notebook nutzt, kommt es auf den Prozessor tatsächlich nicht mehr so an“, schränkt er ein. Unterschiede bei der Leistung aktueller Prozessoren seien subjektiv meist gar nicht wahrnehmbar. Eine SSD-Festplatte beschleunige das System oft wirksamer als eine neue CPU für 200 Euro.
AMDs jüngste A-Serie-Prozessoren mit integrierter Grafik (GPU) heißen Trinity. Im Gegensatz zur Vorgängergeneration Llano mit Bulldozer-Architektur sind ihre Kerne dem Hersteller zufolge schneller getaktet, die Strukturbreite ist mit 32 Nanometern aber unverändert.
Mobile Trinity-Prozessoren sind schon Mitte Mai 2012 auf den Markt gekommen, Desktop-CPUs folgen nach und nach. Die Trinity-Modelle A6, A8 oder A10 tragen 4000er-Nummern, Llano-Chips 3000er-Nummern. Es wird auch besonders sparsame Trinity-Prozessoren für Ultrathins geben - so nennt AMD seinen Gegenentwurf zu Intels Ultrabooks.
Bei der reinen Rechenleistung der Prozessoren liegt AMD deutlich hinter Intel zurück, sagt Windeck. Trotzdem reiche die Leistung für die meisten Anwendungen. Auf der anderen Seite seien AMDs GPUs viel leistungsfähiger als Intels Grafikprozessoren.
Neben den A-Serie-Chips bietet AMD zum Beispiel Bulldozer-Prozessoren der FX-Baureihe ohne Grafik an, die künftig auch die Piledriver-Architektur erhalten sollen (Codename Vishera). Die grafiklosen X-Baureihen mit älterer K10-Architektur (45 Nanometer) werden als Sempron, Phenom und Athlon vermarktet.
Zudem gibt es von AMD die schwächeren C- und E-Serie-Prozessoren mit integrierter Grafik. Sie sind eine Konkurrenz zu Intels Atom-Chips. „Die ziehen wirklich nicht die Wurst vom Brot“, warnt Windeck. Die langsamen Billig-CPUs eigneten sich höchstens für Netbooks oder Tablets.
Unter dem Namen Ivy Bridge verkauft Intel seit Ende April die dritte Generation seiner Core-i-Prozessoren mit integrierter GPU. Die erste Ziffer ihrer Modellnummer ist immer eine 3. Für Ivy Bridge hat Intel die Chipstrukturen nach eigenen Angaben von 32 auf 22 Nanometer geschrumpft.
Core-i-Prozessoren der zweiten Generation, die an der 2 als erster Ziffer der vierstelligen Modellnummer zu erkennen sind, verschwinden aber nicht sofort vom Markt. Denn Ivy Bridge gibt es erst einmal nur als i5- und i7-CPUs für höherpreisige Geräte. Günstigere i3-, Pentium- und Celeron-CPUs sind vorerst nur in der älteren Sandy-Bridge-Bauweise verfügbar.
Was die Rechenleistung der CPU anbelangt, ist Sandy Bridge noch nicht abgemeldet, sagt Windeck. „Bei gleicher Taktfrequenz sind die Veränderungen nur gering.“ Der Geschwindigkeitszuwachs sei bei den mobilen Ivy-Brige-CPUs aber etwas größer als bei den Desktop-Chips.
Die Chiphersteller schrumpfen die Strukturen nicht nur, um mehr Transistoren auf kleinerer Fläche unterbringen zu können. Wenn der Chip kleiner wird, können aus einem Halbleiter-Rohling mehr CPUs gemacht werden. „Je kleiner die Strukturen, desto schwieriger wird es aber, die Hitze abzuführen“, erklärt Prof. Heinrich Theodor Vierhaus von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus.
Doch Hitze und hoher Takt wirken sich negativ auf die Lebensdauer eines Chips aus. „Wenn man die Performance nicht unbedingt braucht, sollte man größere Strukturen wählen“, rät der Informatiker. „Je mehr Kerne niedrig getaktet, desto größer die Lebensdauer.“
Auch wenn die integrierten GPUs schon viel leisten, brauchen aktuelle Blockbuster-Spiele weiter eine Extra-Grafikkarte. Und: „Es kommt immer auf das Gesamtpaket an“, sagt Windeck. Man sollte sich nicht nur auf die CPU konzentrieren, sondern den Wunschrechner ausprobieren, Anwendungen testen und bei Notebooks Dicke, Gewicht, Display, Tastatur, Akkulaufzeit und Lautstärke unter Volllast prüfen.