Eine Frage des Tempos - Tücken bei Internetverträgen
Berlin (dpa/tmn) - Internetanbieter werben gerne mit hohen Geschwindigkeiten. Die liefern die Unternehmen aber längst nicht immer. Das ist aber nicht der einzige Fallstrick. Vor einem Vertragsabschluss sollte man Kleingedrucktes wie die Fußnoten genau lesen.
Ob unerwünschte Sicherheitspakete, unerwartete Tempodrosselung oder eine von vorneherein lahme Surfgeschwindigkeit: Der Internetanschluss daheim soll eigentlich nur gut funktionieren, doch allzu oft bereitet er dem Nutzer Kopfschmerzen - vermeidbare?
In der Werbung machen die Internetprovider Lust aufs Surfen: Dick gedruckte Zahlen verheißen hohe Geschwindigkeiten. In der Realität weichen die Werte des Anschlusses aber oft deutlich von dem in der Werbung versprochenen Maximaltempo ab. Das hat auch die Bundesnetzagentur festgestellt, die Provider-Verträge im Rahmen einer Studie unter die Lupe genommen hat. „Hier hat sich unter anderem gezeigt, dass die Anbieter gar keine oder nur wenig belastbare Aussagen zur realisierbaren Datenübertragungsrate machen“, berichtet Bundesnetzagentur-Sprecher Michael Reifenberg. „Der Endkunde weiß nur vage, mit welcher Leistung er konkret rechnen kann.“
Dabei sind die Provider verpflichtet, vor Vertragsabschluss zumindest im Kleingedruckten über die wichtigsten technischen Leistungsdaten zu informieren. So sieht es Paragraf 43a des Telekommunikationsgesetzes vor, erklärt Reifenberg. „Unter Leistungsdaten sind insbesondere auch die Datenübertragungsraten zu verstehen.“
Die realisierten Bandbreiten weichen zum Teil deutlich von den beworbenen ab. Das haben diverse Messkampagnen der Bundesnetzagentur gezeigt. 2013 erreichten etwa gut Dreiviertel der Nutzer (77 Prozent) eine Geschwindigkeit, die mindestens der Hälfte der vermarkteten Datenrate entsprach. Nur 16 Prozent konnten mit der vollen versprochenen Geschwindigkeit oder sogar noch schneller surfen.
Lahmendes Internet muss man nicht hinnehmen. Vor weiteren Schritten gilt es aber zu klären, ob nicht Faktoren bremsen, für die den Anbieter keine Schuld trifft, erklärt Katja Müller von der Verbraucherzentrale Berlin. Zudem müsse die Verbindung dauerhaft lahmen. „Es reicht nicht aus, dass es einmal eine Störung gibt.“ Der Kunde sei in der Pflicht, nachzuweisen, dass er langsamer surft als versprochen - und zwar indem er ein Protokoll anfertigt.
Zahlreiche Internetseiten bieten sogenannte Speedtests an. Die hält Falko Hansen vom Telekommunikationsportal Teltarif.de wegen ihrer häufigen Ungenauigkeit aber nicht für besonders aussagekräftig: „Als wirklicher Nachweis taugen die nicht.“ Denn: Messen viele Nutzer gleichzeitig, werden niedrigere Geschwindigkeiten angezeigt als bei Messungen weniger Nutzer. „Das sind keine verlässlichen Werte“, fasst Hansen zusammen. Sinnvoller sei es, die in den Router-Einstellungen angezeigte Bandbreite fürs Protokoll heranzuziehen.
Weicht die Geschwindigkeit den Messungen zufolge dauerhaft ab, setzt man dem Provider zunächst eine Frist zur Beseitigung der Beeinträchtigung, rät Verbraucherschützerin Müller. Kommt der Provider dem nicht nach, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Schadenersatz zu verlangen. „Dazu muss man den Schaden nachweisen“, erläutert Müller. „Unter Umständen kommt auch eine Kündigung wegen Unzumutbarkeit des Vertrags infrage.“
Auf der Suche nach einem Anbieter und Tarif sollte man auch auf die Laufzeit achten, rät Falko Hansen. Viele Tarife seien mit zweijährigen Vertragslaufzeiten verbunden - und allenfalls sinnvoll, wenn man ohnehin plane, langfristig bei einem Anbieter zu bleiben.
Oft wird zum Vertrag auch ein Sicherheitspaket mit Virenscanner & Co angeboten, das dazugebucht wird, wenn der Kunde nicht widerspricht. „Die sind tendenziell relativ teuer“, sagt Hansen.
Die bei Mobilfunk-Datentarifen verbreitete Speed-Drosselung ab einem bestimmten verbrauchten Datenvolumen ist beim Festnetz-Internet noch eher selten. Es gibt aber Drossel-Tarife, die dann im Gegenzug auch deutlich günstiger sein sollten als echte Flatrates. Der Nutzer kann entscheiden, ob ihm ein klar umrissenes Datenvolumen zu einem günstigeren Preis genügt oder ihm uneingeschränkte Geschwindigkeit wichtiger ist, erklärt Hansen.
Es gibt aber auch Anbieter, die ab einer bestimmten Volumenmarke gezielt die Geschwindigkeit beim Filesharing drosseln. Rund um solche Praktiken ranken sich Prozesse, etwa wegen irreführender Werbung, weil in Werbeanzeigen die Hinweise auf eine Drosselung in Fußnoten platziert wurde. Wer viel herunterlädt oder solche Einschränkungen prinzipiell nicht hinnehmen möchte, sollte auf jeden Fall vorher das Kleingedruckte des neuen Vertrags genau studieren, rät Falko Hansen. „Da kann man sich vorher schlaumachen.“