EuGH-Urteil zu WLAN-Hotspots stößt auf harsche Kritik
Berlin (dpa) - Gewerbliche Anbieter öffentlicher Hotspots dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht für Rechtsverletzungen Dritter haftbar gemacht werden können. In Deutschland erntete das Urteil Lob, aber vor allem scharfe Kritik.
„Das Urteil wirft mehr Fragen auf, als es Antworten liefert“, erklärte Volker Tripp, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft. „Muss ich im Café demnächst meinen Ausweis vorlegen und einscannen lassen, um an das WLAN-Passwort zu gelangen?“
Der EuGH hatte in dem Urteil festgelegt, dass von gewerblichen Anbieter wiederholten Verstößen als „Abschreckung“ verlangt werden könne, dass der Zugang durch ein Passwort gesichert wird. Die Nutzer müssten dann ihre Identität preisgeben.
Völlig unklar bleibe jedoch, wie diese Identitätsfeststellung erfolgen solle und wie lange solche Daten aufbewahrt werden müssten, sagte Tripp. Das sei „ein herber Rückschlag für eine flächendeckende Versorgung mit offenen Netzen“. Der EuGH baue neue, kaum zu meisternde Hürden für die Betreiber offener Funknetze auf.
„Die EuGH-Entscheidung schafft mehr Rechtssicherheit und führt damit zu spürbaren Erleichterungen für die Betreiber öffentlicher WLAN-Netze“, sagte dagegen Nick Kriegeskotte vom Digitalverband Bitkom. Man gehe davon aus, dass sich die Entscheidung positiv auf die Verbreitung öffentlicher Hotspots auswirken werden. „Im Fall von Rechtsverletzungen können die Rechteinhaber aber verlangen, dass der WLAN-Anbieter seinen Zugang sichert und zum Beispiel durch ein Passwort schützt.“
Hotelbranche und Handel befürchten allerdings, dass die erhoffte Ausbreitung offener WLAN-Hotspots in Deutschland durch das Urteil ausgebremst wird. In Hotels, Läden oder Cafés werde es „aller Voraussicht nach bei der gewohnten Prozedur bleiben, dass sich Gäste zuerst registrieren und separate Nutzungsbedingungen anerkennen müssen“, sagte Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), am Donnerstag in Berlin.
Das Urteil sei ein Rückschritt und sorge für Verunsicherung bei den Ladenbesitzern, kritisierte der Handelsverband Deutschland (HDE). „Der Gesetzgeber muss jetzt rechtliche Klarheit schaffen, so dass Händler ihr WLAN risikofrei anbieten können“, forderte HDE-Geschäftsführer Kai Falk am Donnerstag in Berlin. Jede Form von Passwortsicherung setze eine Hürde für den Verbraucher und Kunden. „Das ist völlig unnötig und von gestern.“
Die Europaabgeordnete der Piraten-Partei, Julia Reda, verwies auch auf die Folgen für die Nutzung durch Besucher und Flüchtlinge. Wenn auch für sie freie Hotspots zugänglich sein sollten, „kann ein Passwortschutz keine Lösung sein“. Das Urteile zeige die Problematik des Urheberrechts auf. „Noch gestern hat EU-Kommissionspräsident Juncker uns versprochen, bis 2020 werden alle europäischen Städte und Dörfer mit freiem WLAN versorgt. Heute macht die Komplexität des Urheberrechts diesem Ziel bereits einen Strich durch die Rechnung.“